home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt
[106][<<][>>]

Subventioniert Revolution spielen?(1)


Zur Kampagne „Hände weg vom Conne Island“

Aufkleber, 6.3k Gemeinnützigkeit – wozu?

Der Trägerverein des Conne Island, der Projekt Verein e.V., hat seit Anbeginn den Status der Gemeinnützigkeit. Dieser wird vom Finanzamt jeweils für einen bestimmten Zeitraum im Voraus erteilt und nach dessen Ablauf rückwirkend bestätigt. An der Gemeinnützigkeit hängen verschiedene steuerliche Begünstigungen und Befreiungen. Hinzu kommt beim Conne Island, dass die Gemeinnützigkeit die Voraussetzung für die institutionelle finanzielle Förderung durch das Kulturamt sowie auch für etliche projektbezogene Fördermittel ist. Gemeinnützig ist übrigens nicht das Conne Island als solches, sondern nur jene Bereiche der Arbeit, die – im Sinne der Gesetze und des Finanzamtes – auch gemeinnützig sind und keinen kommerziellen Zwecken unterliegen. D.h. in der Praxis: Betrittst Du das Café, befindest Du Dich auf nicht-gemeinnützigem Boden, der dem normalen Steuerrecht unterliegt, gehst Du ein Stockwerk höher, in den Freizeitraum, und stellst Dich an den Kicker, hast Du gemeinnützige Planken unter Deinen Füßen. Ist auch leicht zu merken: Die Afri im Café kostet einen Euro, der Ball am Kicker ist umsonst (auch wenn die Preise mit der Gemeinnützigkeit nicht viel zu tun haben...)
Das Conne Island ist zwar unter den Leipziger Einrichtungen der freien Kulturarbeit eines der Projekte, welches den größten Teil seines Haushaltes aus Eigenmitteln bestreitet. Doch ohne die finanzielle Unterstützung durch die Stadt Leipzig würde es das Conne Island nicht geben. Sie macht also nicht den Hauptanteil der Einnahmequellen aus, ist nichtsdestotrotz existentiell notwendig. Für uns war das Einfordern von Geldern aus kommunalen und staatlichen Kassen sowie von Stiftungen stets eine Selbstverständlichkeit. Immerhin leistet das Conne Island einen wichtigen Beitrag zur kulturellen und politischen Landschaft. Natürlich in einer Art und Weise, die manchen so gar nicht gefällt. Jedoch war allen Beteiligten an Entscheidungen bezüglich des Conne Islands auch immer klar, dass das Conne Island unverzichtbar ist – als Ort für Subkulturen, kulturelle Vielfalt und als Katalysator für alternative, antifaschistische und linke Bewegungen. Nun mag mensch zu Kommunalpolitik, Staat, Finanzpolitik und dem deutschen „Gemeinwesen“ stehen, wie es beliebt. Die Haltungen dazu differieren auch im Conne Island stark. Klar allerdings war: für unser größtenteils ehrenamtlich geleistetes kulturelles Engagement und für die in unseren Augen absolut notwendigen politischen Interventionen an bestimmten Punkten, wollen wir wenigstens das wenige Geld haben, was zu bekommen ist. Und: wir sind natürlich gemeinnützig in einem modernen Sinne, wie es westlichen Demokratien, die auch Minderheitenmeinungen tolerieren, gut zu Gesicht steht.(2)
Dieser Meinung ist das Finanzamt Leipzig plötzlich – nach 13 Jahren – nicht mehr. Wie alle wissen, ist das Steuerrecht ein Buch mit sieben Siegeln und das Finanzamt das Hassobjekt Nummer eins fast aller Deutschen. Nun hat also auch das Conne Island Ärger mit dem Finanzamt. Ja, so geht es halt allen, Pech gehabt, nicht aufgepasst – so dachten viele. Und doch war es anders.

Gemeinnützigkeit – wie sie verschwand...

Es fing an mit der nachträglichen Nicht-Anerkennung der Gemeinnützigkeit für das Jahr 1999. Nach mehr als 17 Monaten Bearbeitungszeit war die zuständige Sachbearbeiterin am 18. November 2003 der Meinung, die im Voraus geltende vorläufige Gemeinnützigkeit aberkennen zu müssen. Das ist an sich ein zwar nicht alltäglicher Vorgang, aber nun auch nicht etwas so Besonderes. Mahnungen wegen zu spät gezahlten Rechnung trudeln ja manchmal ebenfalls ins Haus. Das übliche Verfahren ist, dem Finanzamt die gewünschte Zuarbeit zu leisten – unsere Steuerberaterin reichte Unterlagen nach, erklärte Ausgaben und Einnahmen, bewies die Übereinstimmung unserer Aktivitäten mit unserer Satzung. Doch es half alles nichts: die Sachbearbeiterin fand, sobald ein Problem, welches die Nichterteilung der Gemeinnützigkeit begründen sollte, aus dem Weg geräumt war, sofort ein neues.
Auch wenn die Einwände des Finanzamtes gegen unsere Gemeinnützigkeit in der Anfangsphase breit gefächert waren, kristallisierte sich bald heraus, dass vor allem die politischen Aktivitäten des Vereins bzw. die Unterstützung politischer Aktivitäten anderer durch den Verein der Sachbearbeiterin ein Dorn im Auge waren. Dazu kam, dass andere, sich als politisch verstehende bzw. in der alternativen Szene verankerten Vereine, im gleichen Zeitraum Stress mit dem Finanzamt bekamen – und zwar aufgrund der gleichen Sachbearbeiterin. So wurde dem Fußballverein Roten Stern Leipzig in zurückliegenden Jahren und gegenwärtig dem Wohnprojekt B12 ebenfalls die Gemeinnützigkeit nicht zuerkannt. Die erste Vermutung war, dass entweder die Sachbearbeiterin ihren privaten Unmut an politischen Vereinen auslässt oder sie auf Anweisung von höherer Stelle agiert. Wir sahen der kommenden Auseinandersetzung weiterhin gelassen entgegen: Wussten wir doch, dass wir eigentlich Recht hatten und eine Klärung des Sachverhalts vor Gericht sich über Jahre hinziehen könne. Aber selbst da, wo bei einigen langsam Panik aufkam, war nicht klar, wie damit öffentlich umgegangen werden könne. Wie sich gegen eine Entscheidung des Finanzamtes wehren, von der wir zwar glaubten, dass sie politisch motiviert sei, dies aber nicht belegen konnten, und die als solche rein formal-juristisch begründet wurde. Hätte die Stadt uns Gelder gekürzt, dann wäre klar gewesen: Es ist immer eine politische Entscheidung, uns Geld zu geben oder nicht – egal wie die Haushaltslage aussieht. Aber beim Finanzamt...

Gemeinnützigkeit – ... und nicht wiederkam.

Das Blatt begann sich zu wenden, als am 18. November ein Schreiben des Finanzamtes kam, in dem uns mitgeteilt wurde, dass auch die vorläufige Gemeinnützigkeit für 2004 nicht erteilt wird. Begründung: Die Einnahme der Antifa-Mark(3) (obwohl diese seit Oktober 2003 ausgesetzt war und das Finanzamt davon in Kenntnis gesetzt wurde) sowie die Nutzung der Räumlichkeiten des Conne Islands durch Gruppen und Initiativen, die selbst nicht gemeinnützig sind. Nun war die Existenz des Conne Island akut bedroht, denn es ging nicht mehr um einen Streit um die Vergangenheit und mögliche Steuernachforderungen, sondern die Steuerbegünstigungen und Fördermittel für die Zukunft standen in Frage. Rechtsmittel gegen die Entscheidung waren laut besagtem Schreibens nicht möglich – sie war endgültig und sofort wirksam.
In der nächsten Woche begann mit dem Besuch des Finanzamtes am 26.11.2003 die Kampagne „Hände weg vom Conne Island“. Ziel der Aktion war, mit dem Leiter des Finanzamtes zu sprechen. Die Zuarbeit an die Sachbearbeiterin hatten nichts gebracht, zumal sie auch nicht mehr an ihrer eigenen Entscheidung rütteln konnte. Darüber hinaus vermuteten wir, dass es keine private Entscheidung der einen Mitarbeiterin war, mehreren politischen Vereinen auf einmal das Leben schwer zu machen. Ca. 150 Personen protestierten also im Finanzamt, woraufhin der Herrn von Einsiedel, nach einigen Hinhaltemanövern und Rücksprachen mit der Polizei, schließlich doch zu einer Anhörung bereit war. In dem Gespräch stellte er sich zwar inhaltlich voll und ganz hinter seine Sachbearbeiterin, berief sich auf das Steuergeheimnis, um möglichst keine klaren Aussagen treffen zu müssen, und gab einige Stilblüten à la „offene Jugendtreffs sind nie gemeinnützig“ und „das Verleihen von Büchern an vereinsfremde Personen ist sogar gemeinnutzschädlich“ von sich. Andererseits kam er nicht umhin, eine erneute Prüfung des Falls bis zum 10.12.2003 zuzusagen.
Im Anschluss daran zogen die BetreiberInnen und SympathisantInnen des Conne Island vor das Rathaus, um auch dort der Forderung „Conne Island bleibt!“ Nachdruck zu verleihen. Ein Gespräch mit dem Beigeordneten für Kultur Herr Dr. G. Giradet fand noch am gleichen Tag in kleinerer Runde statt. Dort wurde uns die Unterstützung der Stadt bekundet, allerdings sei gegen eine Entscheidung des Finanzamtes nicht viel zu machen...

Gemeinnützigkeit – wie sie zurückgeholt wurde

In der gleichen Woche erfuhren wir, dass es ein internes, aber nicht geheimes Dossier des Sächsischen Verfassungsschutzes über das Conne Island gibt, welches im Mai 2003 an das Regierungspräsidium geschickt wurde und von dort an verschiedene Behörden der Stadt Leipzig und vermutlich auch an das Finanzamt weitergeleitet wurde. Das Papier endet mit der Empfehlung, die Förderung des Conne Islands zu prüfen, sprich: einzustellen. Das VS-Dossier ist eine Mischung aus der Wiedergabe des altbe- und offiziell anerkannten politischen Engagements des Vereins, Falschaussagen, Mutmaßungen und abstrusen Geschichten. Da wird bemängelt, dass sich die ANG/AKG(4) gegen Antisemtismus nicht nur in Deutschland, sondern auch im Nahen Osten ausspricht. Oder dass der AFBL(5) die Männerdominanz im Conne Island anprangerte. Leider lässt sich über den AFBL weiter nichts Böses behaupten, außer dass er mal eine Demonstration durchgeführt hat. Die Demonstration war friedlich – aber eine Koproduktion mit dem BGR.(6) Das BGR nun, und da kann der VS ausgiebig aus seinen Jahresberichten zitieren, ist ganz schlimm. Das aber eigentlich auch nur, weil es über Linke in Sachsen im Prinzip nichts zu berichten gibt. Das wird schon daran deutlich, dass die einzige Straftat, die im Umfeld des Conne Island versucht wird anzusiedeln, 1995 in Dresden stattgefunden haben soll. Eine rechtskräftige Verurteilung gab es dafür zwar nie, aber das interessiert den VS ja nicht. Zwischen 1995 und 2003 liegt wohl in etwa die Zeitspanne, die unser jetziger Außenminister benötigte, vom Polizisten verprügelnden Autonomen zum Turnschuh- und staatstragenden Parlamentarier zu werden. Der sächsische VS hingegen ist zu bedauern, das heutige Dasein ist – zumindest wenn mensch auf dem rechten Auge blind ist – sehr ereignisarm. Polizisten wurden nicht verprügelt, nur eine Demo gegen Polizeigewalt angemeldet, weil Polizisten prügelten. Aber irgendwie lässt sich selbst die Tatsache dem Conne Island anhängen – die lustige Wendung, dass die prügelnden Polizisten schlecht für’s Conne Island seien, weil zu seinen BesucherInnen gelegentlich ebenjene – getarnt als zivile HipHop- oder Blumenfeld-Fans – zählen, fiel dem VS leider dann doch nicht ein.
Trotz der völligen Haltlosigkeit des Papiers war der Umgang mit diesem am Anfang im Conne Island ziemlich umstritten. Denn es war in seiner Suggestivwirkung genau so gemacht, dass damit eine öffentliche Hetzkampagne gegen das Conne Island hätte losgetreten werden können. Schließlich setzte sich allerdings die Meinung durch, dass wir in der verfahrenen Situation sowieso nichts mehr zu verlieren haben und nur ein offensiver Umgang mit dem VS-Papier, welches höchstwahrscheinlich als Entscheidungsgrundlage beim Finanzamt diente, uns aus der Misere bringen könne.
Im Nachhinein kann konstatiert werden, dass diese Entscheidung richtig, aber letztendlich nicht ausschlaggebend für den weiteren Verlauf war. Weder führte die Nennung des VS-Papiers in Presseerklärungen und auf den Demonstrationen zu einer Diskreditierung des Conne Islands in den Medien noch zu interessierten Nachfragen seitens der Presse oder zu Empörung seitens der Öffentlichkeit respektive der DemonstrantInnen und UnterstützerInnen. Stasi-abgehärtet, wie die Ossis nun mal sind – und vor allem die LeipzigerInnen nach den Olympia-Skandalen –, schien niemand den Skandal, dass sich eine geheimdienstlich arbeitende Behörde offen in die Kulturpolitik der Stadt Leipzig einmischt und auf kommunale Entscheidungen Einfluss zu nehmen versucht, wahrzunehmen. Es schien, als sei der Presse das Conne Island egal (selbst die alternative Presse zuckte sich meist erst nach der dritten oder vierten Presseerklärung und brachte dann schlecht recherchierte Texte)(7); den UnterstützerInnen des Conne Island hingegen schien es egal zu sein, warum das Conne Island bedroht ist – Hauptsache es wird gerettet.
Und genau diese Haltung dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben, dass nach den drei sonntäglichen Demonstrationen mit hoher Beteiligung von bis zu 1.000 Personen am 17.12.2003 ein Gespräch zwischen dem Conne Island und dem Finanzamt stattfinden konnte, in dem der Leiter des Finanzamtes die Erteilung der Gemeinnützigkeit für das kommende Jahr im Januar 2004 in Aussicht stellte, sofern er die von uns getroffenen Aussagen (Abschaffung der Antifa-Mark in der alten Form, keine Zweckentfremdung von Vereinsmitteln) schriftlich erhält.
Die Kampagne war mittels unzähligen und in Eigeninitiative gestalteten Transparenten, Flyern, Aufklebern, Plakaten und Graffities – trotz des de facto Medienboykotts – in der ganzen Stadt auch in der Woche präsent. Die kraftvollen und stimmungsvollen Demonstrationen, die Leipzig in der Größe schon lange nicht mehr gesehen hat (außer LeipzigerInnen gehen für Olympia, Frieden oder den Studienstandort Deutschland auf die Straße), haben das Übrige dazu beigetragen. Von Vorteil war dabei, dass die Stadt sich ihren Weihnachtstrubel nicht verderben lassen wollte und deswegen an einer schnellen Lösung interessiert war. Die massive Unterstützung von etlichen Personen, die für zwei, drei Wochen ihre Tagespläne völlig zugunsten der Kampagne umwarfen, die Breite des Protests und die Unterstützung durch die Stadtverwaltung bestimmten den Inhalt des am 26.11.2003 versprochenen und am 10.12.2003 eingetroffenen Finanzamtsschreibens, in dem das zurückliegende Verfahren als nochmals überprüft angegeben und die vorläufige Gemeinnützigkeit in Aussicht gestellt wurde. Das darin enthaltene Gesprächsangebot nahm der Verein war – um dann am 17.12.2003 in den sauren Apfel zu beißen: Gemeinnützigkeit zu den Bedingungen des Finanzamtes. Ein süßer Weihnachtsmarktbratapfel schien nicht drin gewesen sein, sprich: die Durchsetzung unserer Forderungen nach der uneingeschränkten Anerkennung der jahrelangen erfolgreichen Arbeit auch durch das Finanzamt war unrealistisch – und deswegen wurde die Kampagne für das Conne Island zwar mit der Demo am 14.12.2003 nicht beendet, aber bereits geplante und angemeldete Demonstrationen abgeblasen.

Gemeinnützigkeit – wie weiter?

Ein Verein, zumal der Projekt Verein, ist schließlich keine politische Gruppe mit revolutionären oder anderen Träumen, sondern ein Projekt, welches unter Ausnutzung der realen Gegebenheiten und unter Wahrung der Unterschiedlichkeit der Meinungen im Projekt versucht, das Beste daraus zu machen – auch im Interesse eben jener politischen Gruppen, die von der Existenz des Conne Islands profitieren. Insofern ging es bei der Kampagne „Hände weg vom Conne Island“ nie um das „Alles“ oder „Nichts“ im Sinne von politisch richtigen Vorstellungen (dass z.B. auch die Antifamark immer gemeinnützig war), sondern lediglich bezüglich der Existenzsicherung für das Conne Island. Ist die Existenz gesichert, wird das Conne Island das tun, was es immer tat: Kultur, Jugendarbeit, Kneipenbetrieb, Unterstützung politischer Aktivitäten – und zwar so, dass das Finanzamt möglichst nichts auszusetzen hat.
Das schließt aber immer mit ein, auf die Pauke zu hauen, wenn dem Projekt das Wasser abgegraben werden soll. Das war nicht das erste Mal und garantiert auch nicht das letzte Mal. Der nächste Trommelwirbel könnte bereits nötig sein, wenn die Entscheidung über die Gemeinnützigkeit für die Jahre 1999 und folgende fällt. Hauptproblem wird die Erhebung der Antifa-Mark sein, am Rande werden dann auch die Möglichkeiten für politische Gruppen und Initiativen am Laden zur Debatte stehen. Allerdings wäre in dieser Angelegenheit mit weiteren Demos im Dezember auch keine Lösung erreicht worden, was nicht heißt, dass zu gegebener Zeit nicht wieder dazu aufgerufen wird.
Was beinhaltet nun genau der süß-saure Apfel des Finanzamtes: Die Antifa-Mark war für zwei Monate ausgesetzt. In veränderter Form wird sie aber wohl im neuen Jahr wieder auferstehen können. Desweiteren hat das Finanzamt die Einwände gegen die Nutzung von Vereinsräumen durch politische Gruppen präzisiert. Vereinsvermögen wird nach Auffassung des Amtes durch Initiativen und Gruppen (ohne Gemeinnützigkeitsstatus) u.a. dann falsch verwendet, wenn sich diese institutionalisiert in den Räumen des Conne Islands treffen und länger als ein Jahr existieren. Dies betrifft allerdings auch nur die Bereiche im Haus, die als gemeinnützig deklariert sind (und da hilft dann die Afri-Cola-Kicker-Kugel-Eselsbrücke von oben).

Gemeinnützigkeit – die anderen?

Nun waren einige in Leipzig überrascht über das schnelle Zurückfahren der Kampagne, die sich ja zusätzlich zum Motto „Hände weg vom Conne Island“ ganz allgemein als eine für „alternative Jugendkultur“ verstand und sicherlich auch deswegen so großen Zulauf erhielt. Argumentiert wurde mit dem B12 e.V. und dem Roten Stern Leipzig, bei denen die Probleme ganz ähnlich liegen bzw. lagen. Angeführt wurden aber auch die Wall of Fame(8), der Halle 5 e.V., das Giro und Zoro etc.
Das Problem des Conne Islands war, zwar einerseits von den Problemen der anderen Vereine zu wissen, anderseits sich nicht in der Lage zu sehen, den Vereinen hinterher zu laufen und als Bittsteller aufzutreten. Insofern war die Kampagne ein Angebot auch an die anderen Vereine, sich einzuklinken. Konkret wurde versucht, etwas über den genauen Stand bezüglich Gemeinnützigkeit bei den anderen Vereinen herauszubekommen und angeboten, diesen auch auf den Demos mittels Redebeitrag zu schildern. Dies funktionierte aber nicht so richtig. Entweder die anderen Vereine hatten Berührungsprobleme oder keine Lust, ihre Probleme öffentlich zu machen – oder aber, auch das hat es gegeben, das Conne Island war ihnen wichtiger als ihr eigener Verein. Erst auf der letzten Demo nutzten der B12 e.V. und das Giro die Möglichkeit, einen Redebeitrag zu halten.
Das Conne Island ist jederzeit bereit, eine Kampagne für „alternative Jugendkultur“ zu unterstützen. So geschah es z.B. mit den Aktionen der SprayerInnen gegen die Schließung der Wall of Fame. Was das Conne Island aber nicht kann und will, ist, in Vertretung für andere auf die Straße zu gehen. Insofern haben wir nur gesagt, dass wir es für uns als wichtiger erachten, nach dem 14.12.2003 ein gutes Verhandlungsergebnis beim Finanzamt zu erringen, aber nicht die Kampagne beendet. Andere Projekte können sie gern übernehmen und wir sind mit dabei – genauso, wie wir auch die Proteste der Leipziger Kulturszene im Rathaus am 17.12.2003 mit unserer Präsenz unterstützten.
Festzuhalten bleibt aber auch, dass die Situation bei den anderen Vereinen eine verschiedene und die Relevanz der Vereins-Gemeinnützigkeit für die Existenz der damit verbundenen Projekte unterschiedlich hoch ist. Ein entsprechendes VS-Papier hat es unseres Wissens nur gegen das Conne Island und in der Vergangenheit gegen den Roten Stern Leipzig gegeben. Die genannten Aberkennungsgründe des Finanzamtes decken sich wiederum mehr zwischen uns und dem B12 e.V. (politische Gruppen in den Vereinsräumen). Bei der Schließung der Wall of Fame und der drohenden der Halle 5 wiederum waren politische Gründe kaum ausschlaggebend, auch die politischen Akteure sind ganz andere. Aber bei all diesen Differenzen: Wir wissen um die Gemeinsamkeiten – und letztendlich ist es egal, wer und warum alternative Projekte zugemacht werden, Scheiße ist es allemal. Bei der politischen Taktik muss aber genau dieses Feingefühl eine Rolle spielen. In diesem Sinne: Alternative Kultur verteidigen – Conne Island bleibt!

Martin Eggers

Am Ende nochmal ein großes Dankeschön an alle, die uns in den letzten Wochen unterstützt und damit die Existenz des Conne Island – zumindest vorläufig – gerettet haben.

Hintergrundinformationen, Fotos, Flugblätter, Artikel, Solidaritätserklärung (zum Online-Unterzeichnen) und Pressemitteilungen unter kampagne.conne-island.de. Weitere Infos und Fotos: www.roter-stern-leipzig.de, www.nadir.org, de.indymedia.org, www.mob-action.de

Fußnoten
(1) Vorwurf an die Kampagne „Hände weg vom Conne Island“ auf indymedia (http://de.indymedia.org/2003/12/70006.shtml)
(2) Dass der Begriff der „Gemeinnützigkeit“ und generell das deutsche Vereinswesen sicher auch faschistische Ursprünge hat und in einem volksgemeinschaftlichen Sinne verstanden werden kann, soll hier nicht weiter untersucht werden. Wir wären dann zwar weder gemeinnützig noch würden wir das sein wollen, doch es geht ja für das Conne Island vielmehr darum, unter Verweis auf die liberale Auslegung sich die eigene Existenzberechtigung zu sichern.
(3) Die sogenannte „Antifamark“ (ab 2002: 50 Cent) wurde zuzüglich zum Eintrittsgeld als Spende erhoben und kam antifaschistischen und antirassistischen Projekten zu Gute, die u.a. zusammen mit dem Conne Island Veranstaltungen durchführten und Bildungsarbeit leisteten.
(4) Antinationale Gruppe Leipzig, später: Antideutsch Kommunistische Gruppe, inzwischen aufgelöst
(5) Antifaschistischer Frauenblock Leipzig
(6) ehemals: Bündnis gegen Rechts
(7) alle Pressemitteilungen des Conne Islands und die Presseberichterstattung unter: kampagne.conne-island.de
(8) Die einzige öffentliche legale Graffiti-Wand Leipzigs wurde am 20.10.2003 auf Betreiben Leipziger Ordnungsbehörden und dem Anti-Graffiti-Aktionsbündnis „STATTBild“ geschlossen. Als Alternative wurde den SprayerInnen per Anschlag die Polizeigalerie „Reinweiss“ angeboten. Gegen die Schließung gab es diverse Proteste, die Kampagne „Meine Wand“ und eine Benefizkonzert im Conne Island. Siehe dazu: www.profame.de


  • Weitere Texte zum Schwerpunktthema in diesem Heft

home | aktuell | archiv | newsflyer | radio | kontakt |
[106][<<][>>][top]

last modified: 28.3.2007