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Cosmopolitan Krauts? Fuck off! |
Das Conne Island wird zur Fußball-Europameisterschaft, die Anfang bis Ende Juni diesen Jahres in der Schweiz und in Österreich stattfindet, keine Spiele der deutschen Nationalmannschaft im Rahmen der EM-Übertragung zeigen.Das Politische bestimmtdas Kulturelle. Die vielleicht maßgeblichste Prämisse des Conne Islands war zur Fußball-WM vor zwei Jahren bisweilen aufgeweicht, zeitweise außer Kraft gesetzt. Im Laden, der sich noch Wochen zuvor mit der Kampagne »I Cant Relax in Deutschland« seinen guten Namen gegen den wieder zunehmenden nationalistischen Überbau gemacht hatte, glänzte man auf einmal selbst mit der »Nation«. Deutschland-Merch, eindeutige schwarz-rot-goldene Fan-Dominanz und bisweilen recht aggressive Bedrohungen gegen »andersdenkende« Fußballfans hatten nicht zuletzt die BetreiberInnen des Conne Islands teilweise sprach- und handlungsunfähig gemacht. Die fatale Unterlassungsleistung selbst wenn man sie vielleicht mit etwas Abstand als Ausrutscher gutreden kann hatte mittelfristig enorme Wirkung auf die Selbstdefinition des Projektes an der Koburger Brücke: Einiges, was das Conne Island an Nonkonformität, antideutschem Sendungsbewusstsein und Nationenkritik die Jahre auf den Weg gebracht hatte, ging mit einem Schlag verloren. Die Differenz zur prolligen Eckkneipe war nur noch marginal. In der Nachbetrachtung der damaligen Situation wurde u.a. konstatiert, dass der sonst so erfolgreiche Vermittlungsansatz von subkulturellen Gestus und politischer Reflexion in seine regressive Variante umgeschlagen ist. Das sich in den meisten Fällen im Conne Island selbst »regulierende« und gegenseitig vermittelnde Begriffs-Duo »Kultur« und »Politik« scheiterte in einer Situation, in der sich der »quasi liberale« und geläuterte deutsche Identifikationswahn in allen gesellschaftlichen Bereichen durchsetzte. Ja, selbst bei uns. Die politische Resignation, die sich angesichts ansonsten innig supporteter Sub- und Jugendkulturen, die sich auf einmal um ihre Heimat scherten erinnert sei an den Punker mit Deutschland-Iro im Conne Island breit machte, sprach jedenfalls Bände. Bände vor allem darüber, in welch seltsames Missverhältnis die politische Bestimmung unseres eigenen kulturellem Tuns geraten war. »Wir gehen zusammen in die Geschichte ein lasst uns einmal alle Helden sein« singt die unsägliche Deutsch-Poptruppe Revolverheld im offiziellen deutschen EM-Song 2008. Junge, nette Typen, zwar schlechte Hamburger Schule-Trittbrettfahrer, aber scheinbar reflektierende Menschen modern, kosmopolitisch, engagiert und aufgeschlossen. Schon bei der Fussball-WM vor zwei Jahren brach sich bereits Bahn, was zuvor mit der Kampagne »Du bist Deutschland«, der Diskussion über die Radioquote und nicht zuletzt Dank modern-patriotischer Künstler wie MIA und Heinz Rudolf Kunze »vorbereitet« wurde: Ein befreiter, neuer Nationalismus; »bunt«, »weltoffen« und »tolerant« sollte er sein, zumindest in der Theorie war dies der, durchaus ernst gemeinte, Plan. Dass seit 2006 gerade das old-school-nationalistische deutsche Steckenpferd Fußball den Part des »Modernisierers« übernahm, mag auf den ersten Blick vielleicht verwunden, zeigt aber letztlich nur die Konsequenz, mit der die vorgestellten Ziele verfolgt werden. Spätestens seit dem Nationalsozialismus gilt Fußball in Deutschland als ganz besonderes nationales Ereignis. Das »Wunder von Bern« war 1954 Balsam auf die Wunden des angeknacksten Heimatstolzes, stets wehrten sich die deutschen Fußballassoziation vehement gegen die Professionalisierung und die damit einhergehende aus England und Westeuropa stammende Kommerzialisierung als ein Gegenmodel zum »wahren« und den »eigenen Körper ertüchtigenden« Sport, der die Gemeinschaft zusammenhielt. Nicht zuletzt aufgrund dieser »antiquierten Sicht« wurde Profifußball in Deutschland erst 1962 offiziell erlaubt. 1990 startete der Wahn erneuert durch: Wiedervereinigung, Pogromwelle und Weltmeisterschaftstitel korrespondierten damals auf einer gemeinsamen Ebene. Der Deutsche Fußballbund (DFB) selbst war stets nicht nur Garant für Männerbündelei, vor allem alte Nazis konnten hier auf hochkarätigen Verbandsposten ihrem Lieblingssport frönen. Es ist daher auch kaum Zufall, dass eben dieser DFB, der sich im Jahr der WM umfangreich historisch »aufarbeiten« ließ, der eigenen Geschichte stellte und diese halbwegs kritisch hinterfragte, heute ein Antirassismus-Projekt nach dem Anderen anschiebt. Keineswegs soll hier vernachlässigt werden, dass diese »Zivilisierung« keine selbstgemachte ist, sondern sich auch als Nebeneffekt eines sich zunehmend globalisierenden Sportkosmos` quasi zwangsläufig ergibt. Der Umbau der organisch gewachsenen deutschen Fußballvereine zu börsengelisteten Unternehmen hat hier trotzdem teilweise Wunder gewirkt »Geld« hat »Nation« bisweilen unwichtig gemacht. Dass die Gesichter des modernen deutschen Fußballs und der damit einhergehenden nationalen Genese Klinsmann und Löw, Ballack und Lehmann heißen, verwundert nicht. Keine trübe Vergangenheit lastet an den Genannten im Gegenteil, sie gelten als moderne und kritische Repräsentanten, die es geschafft haben, sich über »alte« und »verknöcherte« Strukturen hinwegzusetzen. Und das nicht nur durch die Grundveränderung Spielsystem und Trainingsmethoden. Weltoffen, dynamisch und neu wird hier nationale Semantik auf die Höhe der Zeit gebracht; zielsicher die Mittel der Popkultur und des Starkult ins Spiel gebracht, um Nationalismus tanzbar zu machen. Beschwingt und unbeschwert werden Fahnen geschwenkt und die Nationalhymne gesungen. »Lustvollen Patriotismus« nannte es damals die FAZ. Als »unverkrampftes Nationalgefühl« beschrieb es der Spiegel, der heute ganz ungeniert »Schwarz-rot-goldene« Handysöckchen als das Nationale stimulierende Aboprämie unter die Leute bringt. Völkisch und Modern eine Komplementierung Nun weht um den Begriff der »Zivilisierung« auch stets der Hauch des Fortschritts. Den wird so manch eine(r) der/die sich liberal oder links betiteln mag auch feststellen wollen. Immerhin werden in der ersten Bundesliga rassistische Äußerungen von Spielern und Fans mit drastischen Strafen belegt. Mitnichten bedeutet dies allerdings das Ende der »nationalen Elemente«, wie wir sie kennen. Wie schnell eine »Party-Feier-Deutschlandlaune« in offene Angriffe umschlagen kann, haben unzählige »Public Viewing«-Erlebnisse bewiesen. Da wird die Moderne allzu schnell zum Backlash, in der die »Anderen« MigrantInnen, Linke, Schwule, marginalisierte Fangruppen die traute Gemeinschaft stören, gemeinsam feiern geht halt nur, solange der Gewinner Deutschland heißt. Im grauen Einerlei der Provinzvereine sieht die Realität bekanntlich noch schlimmer aus, ist doch das Anstimmen des U-Bahn-Liedes - in dem die gegnerische Mannschaft in eine U-Bahn nach Auschwitz geschickt wird - oder die Artikulierung von »Uh-Uh-Uh-Rufen« zur Verunglimpfung der gegnerischen Mannschaft oder einzelner Spieler keine Seltenheit. Nationalistisch und rassistisch motivierte Übergriffe nach den Spielen sind es leider auch nicht. Die »Vaterlandslosigkeit«, Leichtigkeit und Unbekümmertheit des Modells Klinsmann/Löw mag auf einer »repräsentativen« und öffentlichen Ebene durchgesetzt sein. Hier dominiert nicht mehr das »grätschende Raubein« oder der rassistische Stammtischprollo. Stattdessen hat auch hier der erinnerungskulturelle Mainstream Heimat und nationale Identifikation als cool und selbstkritisch durchgesetzt. Entweder im Fahrwasser dieser Neuerungen, die zur Schau getragene nationale Identifikation »normal« werden lassen, oder ohne eben diese jemals zur Kenntnis genommen zu haben, geht der »normale« völkische Nationalismus trotzdem seinen Weg. Ganz klassisch und immer verbunden mit der Ausschließung von »Nichtdazugehörigen«; dabei sind Rassismus und Antisemitismus die zwei wirkungsmächtigen Formen dieses Ausschlusses. Erleb- und sehbar jedes Wochenende auf den kleineren und größeren Sportplätzen dieses Landes im schlimmsten Falle mit all seinen lebensbedrohlichen Konsequenzen. Obwohl also ein Ablösungsszenario des »Nationalen« stattfindet, das vermeintlich zivilisierter und unproblematischer nicht zuletzt deshalb umso gefährlicher daherkommt, ist das völkische Ressentiment, der Achso-deutsche Hass gegen alles Andere zumindest ebenso relevant. Gilt der klassische Hau-drauf-Nationalismus heute als böse und unerwünscht, und wird von einem Großteil der Bevölkerung als solcher erkannt, so bahnt sich der neue, demokratische und bunte Nationalismus subtiler seinen Weg in die Köpfe und etabliert Ressentiments jedweder Art auf breiter Ebene als gesellschaftlichen Standard. Testbild für Deutschlandfans Wenn 2008 junge, moderne Nationalisten wie die von Revolverheld singen »Dieses Jahr geht das Fußballwunder weiter...«, dann nicht mit uns. Das Conne Island hat weder Lust auf dumpfe Bierseligkeit, noch auf Nationalhymne oder schwarz-rot-goldene Fähnchen. Zu Spielen der deutschen Fußballnationalmannschaft ist hier maximal ein Testbild zu erwarten. Für uns steht die »Marke Deutschland« nicht für das geläuterte, andere Deutschland, dass seit ein paar Jahren die Deutungs- und Diskursmächtigkeit inne hat. Für uns ist das »deutsche Wesen« sein spezieller Nationalismus, seine die Geschichte verkehrende Erinnerungsabwehr und sein ständig (wiederan)steigender Antisemitismus nach wie vor das Problem, gegen das es anzugehn gilt. Conne Island (25. Mai 2008) |