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Grenzüberschreitende Experimente:
Isis, Shepard.


Vom Label IPECAC des ehemaligen FAITH NO MORE-Front-Verrückten Mike Patton ist man stets Ungewohntes gewöhnt. So soll hier auch gleich beim Ausgangspunkt begonnen werden. FAITH NO MORE waren eine Band, die berechtigterweise viele erfolgreiche Jahre im Geschehen des Musikmarktes verbrachten. Dass sie sich auflösten, kann ihnen gleichzeitig als sympathisch attestiert werden, geschah das doch vor allem aus dem Gefühl heraus, ihr eigenes künstlerisches Schaffen nur noch als pure Arbeit zu empfinden, die zwar ihre Rente besorgt, nicht jedoch den eigenen Anspruch erfüllt hätte. Was FNM bei aller studentischen Rock-Gefälligkeit immer noch hoch anzurechnen ist, war ihr unverkrampfter Hang zu musikalischer Grenzüberschreitung und Experiment.


ISIS, 20.9k


Dieser durchaus angenehme Versuch des richtigen Lebens im Falschen wird von Mike Patton konsequent weitergeführt. Sei es bei seinem dadaistischen John Zornschen Rockexperiment namens FANTOMAS oder aber bei seinem 1999 gegründeten IPECAC Label. IPECAC scheint eine Ansammlung von seit Jahren durchgedrehten Musikern zu sein, die nur darauf gewartet haben, von einem Herrn Patton und seinem FNM-bedingten finanziellem Rückhalt entdeckt und auf Tonträger gepresst zu werden. Hier wird nicht wahllos einem erneuten Gitarren-Hype hinterhergelaufen und auch nicht versucht, dem Virus Nu Metal krampfhaft etwas „Unabhängiges“ entgegenzusetzen. Dazu ist eh die Welt viel zu schlecht und das Leben zu kurz, so das Motto. Da erscheint es umso logischer, dass eigene FANTOMAS-Veröffentlichungen ebenbürtig neben HipHop-Acts wie DALÄK oder SENSATIONAL stehen. Auch die überzeugten Fleischfresser MELVINS, die Japanerinnen EX GIRL, die alt gewordenen YOUNG GODS oder Country-Begeisterte wie THE LUCKY STARS haben mit IPECAC ein durchaus genehmes Labelhome gefunden, das zwar vielseitig mit musikalischen Genres arbeitet, dabei jedoch kein typischer Massenbrei zu sein scheint.


ISIS, 9.4k


Und so passen auch ISIS, um die es hier ja eigentlich gehen sollte, genauso auf IPECAC wie die Faust aufs Auge. ISIS verlangen einem Einiges ab. Glaubt man nicht mehr so recht an die Relevanz schwer wütender Gitarren, so ist dennoch diesem schwerem Geschütz an runter gestimmten Klampfen und zelebriertem Herausschreien eigener Verzweiflung einiges abzugewinnen. Hier wird mit bekannten Hardcore-Schemata hantiert und gleichzeitig wieder zerstört, ehe man in die Verlegenheit kommt, Altgedientes in Frage zu stellen. Es bleibt nicht aus, sich sogar über den Metal bei ISIS zu freuen, auch wenn der RockHard ihr berechtigter Platz im Klo bereits zugeteilt wurde.



ISIS, 22.6k


Denn gleichzeitig wird sich einer Ästhetik bedient, die sich als eine Art Post-Indie-Rock versteht und auf erdrückende Weise Emotionalität mit unbequemer Intensität in Melodie verpackt, die keine Gnade kennt, wofür Bandnamen wie GODSPEED YOUR BLACK EMPEROR und MOGWAI hier erwähnt werden können. Aber ob ISIS nun als NEUROSIS 2003 herhalten oder die geneigte Leserschaft mit noch mehr Assoziationen geködert werden soll, ist egal, denn ISIS stehen vielversprechend für sich selbst. Diesem Fakt den Wahrheitsgehalt zu- oder abzusprechen, bitte ich deshalb selbst herauszufinden.

Jeremy


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last modified: 28.3.2007