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Tocotronic

...sind schon lange nicht mehr neu in der Hamburger Schule.


Nach dreijähriger Abstinenz melden sich die drei jungen Männer, die anders sind, wie man weiß, zurück. TOCOTRONIC bringen ihr sechstes Album mit dem nüchternen Titel >> TOCOTRONIC <<, raus und gehen damit über zu acht Jahren Hamburger Schule.

Nachdem sich schon das letzte Album >> KOOK << musikalisch von den anderen Platten unterschied, hebt sich die neueste Sache nun sowohl textlich als auch musikalisch von allem ab, was vorher gemacht wurde. Waren die Alben sonst immer gekennzeichnet von schrillen Gitarren und dem Wechsel zwischen langsamen und schnellen Tempi, so ist die neueste Platte mit einem eher glatten, sauberen Sound und geringen Auslenkungen im Tempo versehen. Die Texte konzentrieren sich nicht mehr darauf rumzunörgeln, was dem Menschen in den verschiedenen konkreten Situationen zu wider steht und wie man sich in jener unseren Gesellschaft fühlt, vielmehr beschreiben TOCOTRONIC in abstrakter, metaphernreicher Art und Weise den Zustand im Jetzt, nach einer hinter sich gebrachten Zeit. Neues Vom Trickser singt Dirk von Lowtzow, dessen Stimme näher und wärmer als sonst klingt.

Die Liebe als immer wiederkehrendes Motiv steht oft im Mittelpunkt, nur dass man jetzt nicht mehr daran verzweifelt, sondern glücklich ist. Die Erkenntnis, dass das Älterwerden nicht aufzuhalten ist und dass man genauso ist wie die Älteren, nur viel schlimmer, drücken eine gewisse „Reifung“ der Drei aus Hamburg aus. Auffällig ist auch, dass musikalisch experimentiert wurde. Mit neuem Keyboarder und Produzenten (beides Tobias Levin) finden neue Flächenklänge und eine gewisse Reinheit des Gesamtklanges ihren Platz in der Musik von TOCOTRONIC. Vorbei die Zeit der verzerrten Gitarren, schade aber gut.

Tocotronic, 16.2k

Nun haben sich also die Texte und die Musik verändert, aber was ist mit dem politischen Background, den Tocotronic auf jeden Fall einmal getragen haben? Wie kommt es, dass sich Tocotronic auf einem Sampler befinden, welcher den Namen Neue Heimat trägt und ausschließlich deutsche Interpreten zulässt? Ist es Ihnen egal, sich das Kondom der Nation überzustöben, um Geld zu machen, oder warum lassen sich Tocotronic auf so etwas ein? Ich meine, dass alle unter der Warenförmigkeit leiden und leben ist klar, nur muss man denn dadurch ganz seine Würde verlieren?! Fragen über Fragen und doch ist eines für das Conne Island sicher:

Keine Identität über die Nation – geschissen drauf!!!

In der Hoffnung, dass Tocotronic nach wie vor einen emanzipatorischen Anspruch haben freue ich mich auf das bevorstehende Konzert am 30.10. 2002, hier in meinem lieblingskulturpolitischen Jugendclub.

Florian


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last modified: 28.3.2007