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DJ TeeBee (hier ohne Pudelmütze, 14.8k

Shaolin mit Pudelmütze –
DJ TeeBee

Der hohe Norden ist ja nicht gerade etwas für schwermütige Menschen. Die tägliche Dosis Sonnenlicht sieht mehr nach Zuteilung denn Normalität aus. Gegen die allgegenwärtige Kälte benutzbare Spirituosen lassen einen zwischen Bürgschaft und Hypothek-aufs-Haus wanken. Und der berühmte Historiker Herodot klagte, es sei eigentlich gänzlich unmöglich, irgendetwas von diesen nördlichen Gegenden zu beschreiben, weil man ganz einfach seine Hand nicht vor Augen sehe. Das liege an all den weißen Federn, die einem ununterbrochen ins Gesicht flögen, sagt er. Grob betrachtet klingt das nicht gerade wie ein Quell der Freude. Torgeir Byrnes (aka Teebee) lebt nun schon seit über 23 jahren in Bergen, Norwegen, ohne größeren Schaden genommen zu haben. Im Gegenteil, zusammen mit „my little brother“ Kjetil Dale Sagstad (K oder Polar) produzieren sie den wohl eigenständigsten Drum & Bass außerhalb von England. Das ganze als Ergebnis eines stetigen Entwicklung, die bis jetzt immer nach oben führte.


Anfang der Neuziger hatte er als DJ bei lokalen Radiostationen und auf Partys gespielt, musikalisch jedoch zunächst mit House und Detroit Techno. Nachdem er dann in Oslo seine erste Drum & Bass Platte gehört hatte, ging es dann mehr in die gebrochenen Beats. Ein paar Mixtapes und Mailinglisten später stand auch ein Kontakt mit der britischen Insel, über Sub Base Records und Rugged Vinyl, zur Verfügung. Sein Freund K (aka Polar) hatte ein Studio und zeigte ihm die Tracks aus der Produzentensicht. Die ersten Ergebnisse schickte Teebee dann an seine Kontakte nach England, die die Tracks schließlich in den elitären DJ-Kreis einschleusen konnten.

Seine Herkunft wurde aber erst einmal wegen der Buy-british-Mentalität im Drum & Bass Mutterland vorenthalten. So konnte dann vorurteilsfrei die Qualität über Wohl und Wehe entscheiden. Und es funktionierte. Teebee schaffte es so, mit seinen Sound auf der britischen Insel zu landen und damit den englischen Kultur-Bolschewismus in Sachen Breakbeat aufzubrechen. Auf dem Label A-Level kamen 1996 die ersten offiziellen Tracks. Nach Rugged Vinyl konnte er schließlich 1998 auf dem Moving-Shadow Sub-Label Audio Couture veröffentlichen. K brachte er auf diesem Weg gleich mit. Dass beide aus Norwegen kamen, war jetzt mehr Werbung als Ketzerei. Bei Moving Shadow wurde später aber ein wenig zuviel Pflichtgefühl eingefordert und so wechselte man schließlich zu Certificate18. Der Labelchef Paul Arnold war etwas toleranter bei der künstlerischen Verwertung. So lieferte er die vereinbarten Tracks und konnte trotzdem noch für andere Labels arbeiten, wie z.B. Thermal Recordings. Anfang letzten Jahres kam dann sein erstes Album „blacksciencelabs“ auf Certificate18 und man konnte jetzt schon von einem guten Jahr im Drum & Bass sprechen.


Persönlich zieht sich Teebee bei mir wie ein Roter Faden durch den eigenen Konsum. Da kam immer wieder mal eine Platte mit diesem präzisen Bass, druckvoll und doch warm. Klar gezeichnete Elemente und abwechselungsreiche Breaks waren immer ein sehr schöner Kontrast zum Bumm-Shack-Einheitsbrei. Sehr nett auch die Anspielungen auf die SF-Serie Babylon 5. Neben Titel waren auch einige Samples aus der TV-Serie auf den Platten wiederzufinden. Wenn draussen der Schnee regiert, hat man halt viel Zeit in abgeschlossenen Räumen zu verbringen.

Musikalische Basis für Teebee waren früher Detroit Sound, Ambient, Future Sound of London und vor allem Photek („don of the breaks“). Der norwegische Lebenstakt tut sein übriges hinzu („just being in Norway, it’s a much more relaxed way of living. You’ve got much more time to sit down and think.“). Er sagt selbst von sich, dass er die Bilder im Kopf versucht darzustellen. Statt Pinsel nimmt er Sounds zu malen. Etwas handfester zeigt Teebee sich bei dem von im geliebten Kung-Fu. Ob dafür immer noch so viel Zeit hat ist unklar, denn mit subtitles haben Teebee und K jetzt auch ein gemeinsames Label mit konstantem Output. Was bleibt sind Ying und Yang. Zusammengenommen kommt also so genug Nachdenklichkeit in die Platten.


Kung-Fu Praktikern, die wie er den hung-gar stil pflegen, werden besonders starke Unterarme nachgesagt. Das erklärt vielleicht auch, warum er immer so lange Sets zu pflegen spielt. Hoffentlich läßt er noch genug Platz für unseren lokalen Platten-dispatcher. Cornelia Friederike Müller und Francis von repertoire haben sich ja schon des öfteren als Freunde der norwegischen Tanzmusik erwiesen. Zusammen mit Schotter von operation mindfuck wird dann die Bauchdecke zum vibrieren gebracht. Es darf getanzt werden. Wäre ja nicht das erste Mal, das wenn man früher kommt oder länger bleibt, bessere Musik hört als zur Prime-Time. Mögen deren Arme unsere Beine zur Ausdauer nötigen.

sketch


(Abdruck mit freundlicher Genehmigung von repertoire)

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last modified: 28.3.2007