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headline, 14.2k
Vor kurzem bekam ich die Dezember-Ausgabe des Intro-Magazins zu Händen und fand dort in einer Nachlese zum Jahr 2000 einen Zustandsbericht zur Musikrichtung Drum&Bass. Mit zwei, drei knappen Sätzen brachte es der Autor auf den Punkt: „Drum&Bass ist als aufregender Musikstil komplett zerstoben“. Des weiteren ermahnte er den Feingeist, der etwas auf sich hält, doch lieber mal die neuen heißen Musikformen wie Two Step/UK-Garage, Nu Jazz oder auch Cyber-R&B zu testen.
Solche Aussagen hört man in letzter Zeit des öfteren, und man fragt sich natürlich über die Beweggründe, warum jemand solche Dinge verfasst. Für mich liegt die Sache ziemlich klar auf der Hand. Der Versuch, elektronische Musik als Bestandteil des Pop-Spektrums zu etablieren, misslang jämmerlich. Nachdem hiesige Magazine erst Ende 1996 auf den schon seit Jahren gewachsenen Jungle-Zug aufsprangen, wurde relativ bald bemerkt, dass dieses Phänomen nicht mit herkömmlichen Rollenzuweisungen zu fassen war. Im Gegensatz zu Hip Hop z.B., wo man vermeintlich leicht zwischen Bad Boy, Gangster, Teacher und was weiß ich nicht unterscheiden konnte, traten die Protagonisten der Jungle/Drum&Bass-Szene nie in solch einer Art und Weise in Erscheinung, ausgenommen natürlich mit ihrer Musik. Da Recherche gern mangelhaft ist, beschränkte man sich auf schon gehörtes und tausendfach Ausgeschlachtetes, also immer wiederkehrende Stories über Piratensender, early Parties im Rage-Club und natürlich Goldie. Aber selbst der Meister persönlich taugte als Pop-Star nur bedingt, da man mit Drum&Bass eben nicht jeden erreichen konnte, da halfen auch Kollaborationen mit Noel Gallagher oder David Bowie nichts. Schon Ende 1997 persiflierte die Spex über eine Stagnation und ein mögliches Ende von Drum&Bass, also in einer Zeit, als viele diese Musik noch nie gehört hatten. Das einzige was man heutzutage noch in solcherlei Magazinen finden kann, sind Features über deutsche Drum&Bass-Acts, die es den Engländern endlich mal zeigen wollen. Zumindest will der Redakteur, dass sie es wollen. Zum Glück scheren sich die Protagonisten auf der Insel einen Dreck um das, was in irgendwelchen hippen Magazinen verfasst wird. Warum auch, die Qualität ihrer Tunes und eine treue Anhängerschaft gibt ihnen Recht.
intalex, 29.0k
Als wir Doc Scott vor seinem CI-Gig im Dezember interviewten, sagte er deutlich, dass er nicht mit der Intention an’s Produzieren geht, irgendwelche Leute zu befriedigen, die immer nach dem neuen Trend schielen. Er mache Musik, die von Herzen kommt, sei sie nun härter oder grooviger. Immer wieder die Grenzen zu überschreiten sei das wichtigste für ihn, damit es nicht stagniert. Einer, der die Szene im letzten Jahr mehrfach in neue Gefilde pushte, war zweifellos Marcus Intalex, der uns an diesem Abend beehren wird. Zusammen mit seinem kongenialen Partner ST Files, brachte er einen veritablen Hit nach dem anderen heraus. Beeinflusst von Leuten wie Mickey Finn, Fabio & Grooverider oder DJ Rap, begannen beide schon in den frühen Neunzigern mit dem Produzieren, worauf Veröffentlichungen auf Labels wie Flex und Intalex folgten. Mit dem soulful Roller „I like it“ gaben sie schon damals die Marschroute für ihre heutigen Produktionen vor, doch dann machte ihnen das Schicksal einen Strich durch die Rechnung. Erst ging der Sampler flöten, als das Geld für einen neuen angespart war, sagte plötzlich der Rest des Equipments leise servus. Es dauerte ein paar Jahre, bis sie wieder ein komplettes Studio eingerichtet hatten. Eines dieser neuen Stücke kam Doc Scott zu Händen, der es auf der Stelle für sein Label 31-Records signte. „How you make me feel“ löste eine Erschütterung in Englands Dubplate-Business aus und erhielt Monate langen Airplay in Grooveriders und Fabios Radioshow. Fabio selbst bezeichnete es als „Masters At Work meets Drum&Bass“. Jeder wollte plötzlich ihre Tunes und entsprechende Veröffentlichungen auf Metalheadz oder Renegade Hardware ließen nicht auf sich warten. Dazu kamen Remixe unter anderem für Solid States „Just a Vision“ oder MJ Coles frühe Two-Step-Hymne „Sincere“. Zwei Stücke, bei denen selbst hartgesottene Größen wie Grooverider noch feuchte Augen bekommen (O-Ton: „It’s a bad, bad tune!“). Doc Scott bezeichnete Produktionen von Marcus Intalex und ST Files als „Ladies-Tunes“. Dieser Abend ist aber auch allen Vertretern der männlichen Zunft ans Herz gelegt, da es nie verkehrt sein kann, etwas Groove zu erhaschen. In diesem Sinne: Wunderkerzen und Sternchenfeuer nicht vergessen, die Trillerpfeifen sollten ja mittlerweile obligatorisch sein. Da bleibt es mir nur noch Rakim zu zitieren „I know you got soul, Mr.Intalex!“
Andreas
Box, 23.7k


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last modified: 28.3.2007