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Nachfolgend eine Schilderung der Situation vor, während und nach dem Festival „Neue Beiträge zur deutschen Popkultur“ vom 5. bis 7. Mai 2000 in der Connewitzer Kulturfabrik Werk II. Im Anschluss daran ist das während des Festivals verteilte Flugblatt des Conne Island dokumentiert.
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Konstruktive Kritik als Erfolg
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Erklärung und Stellungnahme des Kultur- und Jugendzentrums Conne Island Leipzig zu den erhobenen Vorwürfen gegen die Kritik und Protestaktion anlässlich des in der Leipziger Kulturfabrik Werk II vom 05. bis zum 07. Mai 2000 stattgefundenen Festivals „Neue Beiträge zur Deutschen Popkultur“

tranpsi, 12.8k

An zwei von drei Tagen (freitags und samstags) fand am Leipziger Werk II eine Verteilaktion von Flugblättern („Zur Kritik am Titel des Festivals“) und Aufklebern durch Leute vom Leipziger Kultur- und Jugendzentrum Conne Island und dessen Umfeld statt. Diese Vorort-Kritik wurde illustriert durch Wimpelketten und ein Transparent („Pop ist universell – nicht national!“) – jeweils gespannt bzw. aufgehangen vor dem Werk II. Grund für die Kritik am Festival war ein Teil des Titels, in dem die explizit betonte „deutsche“ Popkultur den Stein des Anstosses darstellte.
Nach anfänglichen Kommunikationsschwierigkeiten und Gerüchten, an denen die Vertreterinnen und Vertreter des Conne Island insofern Anteil hatten, als von deren Seite die Kritik durchaus früher an die Macherinnen und Macher des Festivals hätte herangetragen werden können, kam es zu zwei offiziellen Treffen zwischen Conne Island-Vertreterinnen und Vertretern und den Ausrichterinnen und Ausrichtern des Festivals im Werk II – darunter der Geschäftsführerin und dem Geschäftsführer der Kulturfabrik. Grund für das Treffen war ein Austausch von Pro und Contra bezüglich des Festivals sowie grundsätzliche Verständigungen über eine konstruktive Zusammenarbeit und Korrespondenz zwischen beiden Einrichtungen. Zu letzterem Aspekt läßt sich feststellen, dass in gegenseitigem Einvernehmen vereinbart wurde, offizielle Kanäle – von Funktionsträgerin bzw. -träger zu Funktionsträgerin bzw. -träger und wenn nötig, gar schriftlich – als einzig verbindliche zu betrachten.
Die Veranstalterinnen und Veranstalter des Festivals erläuterten dort ebenso ihre Intentionen wie die Vertreterinnen und Vertreter des Conne Island ihre Kritik am Festivaltitel. Die Festival-Leute wurden dort angeregt, nochmals über den Titel nachzudenken und gleichzeitig gebeten, das Adjektiv „deutsch“ aus dem Titel zu nehmen. Letzteres wurde jedoch von den Festival-Verantwortlichen abgelehnt.
Eine ursprünglich im Conne Island für den 5. Mai geplante Diskussions- und „Gegenveranstaltung“ wurde letztlich auf Grund zu erwartender schlechter Resonanz, unnützem Konkurrenzgebahren und einem in der Kürze der Zeit der im Werk II gebotenen unbestrittenen (!) künstlerisch-ästhetisch hohen Qualität kaum adäquat gerecht werdenden Gegenstück abgesagt.
Die Veranstalterinnen und Veranstalter des Festivals boten dem Conne Island an, mit auf dem Podium der im Rahmen des Festivals stattfindenden Diskussionsveranstaltung „Pop-Macht-Politik“ Platz zu nehmen. Die Vertreterinnen und Vertreter des Conne Island erläuterten daraufhin, sowieso zu beabsichtigen, an dieser Podiumsdiskussion teilzunehmen – allerdings weiterhin wie von ihnen geplant als Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Auditorium –, um dort einmal mehr in konstruktiver Form ihre Kritik am Festivaltitel zu formulieren.
Bei den Gesprächen zwischen Werk II bzw. Festivalmacherinnen und -machern wurde von Seiten des Conne Island vorab die Form der Vorort-Kritik erläutert: Verteilen von Flugblättern, Anbieten von Aufklebern, Wimpelketten und ein Transparent vor dem Werk II. Der unfraglich kulante und tolerante Umgang mit der Ankündigung dieser eigentlich ur-demokratischen und unspektakulären Vorort-Kritik seitens der Werk II- und Festivalverantwortlichen stieß auf positive Resonanz und bestärkte das Conne Island in der Durchführung der beabsichtigten entspannten und stillen Vorort-Kritik.
Ein in der Leipziger Volkszeitung (LVZ) vom 5. Mai mit einem der Ausrichter des Festivals geführtes Interview bestätigte dem Conne Island die Richtigkeit der Kritik und warf sogar die Frage auf, ob die Kritik alleinig des Titels als ausreichend gelten könnte. Der (Mit-)Veranstalter gab dort allen ernstes zu Protokoll, dass „deutsche“ Popkultur für ihn schon daher legitimiert sei, da es ja auch „deutsche Markenbutter“ gäbe. Gleichzeitig cancelte er die Kritik am Festivaltitel als „Kleingeisterei“ ab.
Selbstverständlich ist das Gesagte das gute Recht des Interviewten. Doch ebenso berechtigt ist auch die Kritik an solchen Äußerungen.
In entspannter Atmosphäre begann am Freitag-Abend der Vorort-Protest durch Vertreterinnen und Vertreter des Conne Islands sowie dessen Umfeld. Eine Ankündigung seitens des Werk II, im Laufe des Abends das aufgehängte Transparent abzuhängen, weil es nahezu unmittelbar – und damit viel zu nah – am Eingangsportal hinge, wurde widerspruchslos akzeptiert.
Leider kam es aber im Verlauf des Abends zu Vorwürfen gegen die Conne Island-Vertreterinnen und Vertreter durch einen Werk II-Verantwortlichen, die dahin gingen, dass der Eingang angeblich quasi blockiert würde und potentiellen Besucherinnen und Besuchern so der Einlass fast unmöglich gemacht würde. Gipfel dieser haltlosen Vorwürfe war dann die Unterstellung, einer Frau mit Kinderwagen und großen Bilderrahmen unter beiden Armen sei ein Flugblatt direkt in den Mund geschoben worden. Zu diesen Vorwürfen ist eindeutig festzustellen, dass sie absolut haltlos sind. Weder wurde der Eingang auch nur im entferntesten blockiert, noch gar einer Frau oben Beschriebenes angetan! Ausserdem beleidigte besagte Person des Werk II mehrmals die anwesenden Kritikerinnen und Kritiker als „Jünger“ und sozusagen untergegebene Befehlsempfänger eines offiziellen Conne Island-Vertreters. Der Verständnis halber muss erwähnt werden, dass ausser dem Conne Island ebenfalls nahezu alle dort in der Gastronomie Beschäftigten sich einer offensichtlichen Ausdrucksform von Kritik am Fesitvaltitel bedienten – dem Tragen von T-Shirts. Mit dieser Form der Kritik ist kein umittelbar kausaler Zusammenhang mit dem Conne Island verbunden, sondern es handelt sich dabei einzig und allein um die Initiative eines anderen Personenkreises, der dieselbe Kritik am Festival erhoben hat!
Die fast schon hysterischen Anwürfe des besagten Werk II-Vertreters steigerten sich noch im Laufe der Nacht. Sie gipfelten in der Unterstellung, Leute vom Conne Island, die auch mal im Werk II arbeiteten, um dort pauschal entlohnt zu werden, seien „Huren“, die für oben schon mal angeführten offiziellen Vertreter des Conne Island sozusagen anschaffen gingen. Daraufhin platzte einigen anwesenden Frauen und Männern der Kragen und sie verlangten, diese Person solle die beleidigende und sexistisch-diskriminierende Äusserung sofort zurücknehmen. An dem darauffolgenden verbalen und heftig-gestikulierend gegen den beleidigenden Werk II-Vertreter geführten Schlagabtausch beteiligten sich unter anderem zwei Vertreter und eine Vertreterin des Conne Island, so auch der Vereinsvorsitzende, der zu diesem Zeitpunkt an einem Bierstand im Werk II als Pauschalkraft und Privatperson arbeitete. Trotz Aufforderung nahm der Werk II-Verantwortliche die Beleidigung nicht zurück. Vielmehr rief er in dieser Situation die extra für das Festival angeheuerte Security zu Hilfe, weil er merkte, dass so gut wie alle Anwesenden gegen ihn aufgebracht waren.
Am nächsten Tag ist gegen den Vereinsvorsitzenden des Betreibervereins des Conne Island, dem Projekt Verein e.V., ein vorläufig auf zwei Monate befristetes Hausverbot für das Werk II ausgesprochen worden. Dass gerade der Vereinsvorsitzende dort als aussschliessliche Privatperson gearbeitet hat, ist im übrigen gleichzeitig Beleg für die eigentlich grundsätzlich vorhandene Akzeptanz gegenüber den Festivalintentionen.
Diese grundsätzliche Akzeptanz enthebt niemanden der Kritik, darauf möchte das Conne Island nachdrücklich hinweisen: die hehre Absicht der Festivalausrichterinnen und -ausrichter stellt niemand seitens des Conne Island in Abrede. Vielmehr stellt die konstruktive Kritik daran eine völlig legitime Einmischung und Beteiligung am – gerade dort ja geplanten – kulturpolitischen Diskurs dar.
Dass der Diskurs durch die interventionistische aber jederzeit konstruktive Kritik bei dem Festival massgeblich mitbestimmt werden konnte, wertet das Conne Island als Erfolg. Offensichtlich war, dass weit über die Hälfte aller Besucherinnen und Besucher, Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Anliegen und die Kritik richtig und angemessen fanden. Nicht zuletzt während der repräsentativen Expertinnen- und Expertenveranstaltung, der im Rahmen des Festivals stattfindenden Diskussionsveranstaltung „Pop-Macht-Politik“ wurde dies überdeutlich. Alle Anwesenden, die sich zu Wort meldeten, äußerten ihre explizite Kritik am „unsäglichen“ und „unangebrachten“ Titel des Festivals. Auch der Vertreter des Conne Island, der sich im Rahmen der Diskussion zu Wort meldete, um nochmals die Richtung und den Gehalt der Kritik seitens des Conne Island zu erläutern, war sich mit den anderen Anwesenden einig: der Titel ist ein falsches Signal – entgegen der eigentlichen und unterstützenswerten Intention des Festivals. Umso unverständlicher schien es auch allen Beteiligten der Diskussion, warum so krampfhaft an dem Titel festgehalten werden mußte.
Das Conne Island möchte abschliessend betonen, dass von seiner Seite null Interesse an einem keimenden Konflikt zweier eigentlich miteinander symphatisierender Kultureinrichtungen besteht – insbesondere nicht an einer Personifizierung der Vorfälle. Gerade deshalb aber erhebt es auch die Forderung der unverzüglichen Aufhebung des Hausverbotes für den Vereinsvorsitzenden des Betreibervereins. Gleichzeitig wird darum gebeten, dass die Beleidigungen, oder dass, was als Beleidigung ankam, zurückgenommen wird bzw. so gegenüber dem Conne Island dargelegt wird, dass eine mögliche Fehlinterpretation der Beleidigung ausgeschlossen werden kann.
Sollten im Gegenzug die heftigen verbalen Attacken gegen o.g. Werk II-Vertreter als tätliche Angriffe aufgefasst worden sein, so möchte sich das Conne Island nachdrücklich für die drei beteiligten Conne Island-Vertreterinnen und Vertreter entschuldigen.
Das Conne Island möchte an dieser Stelle seine jederzeit vorhandene Gesprächsbereitschaft unterstreichen. Es gibt keinen Grund, nicht miteinander zu kooperieren und zu korrespondieren, zumal genau das schon seit etlicher Zeit reale erfolgreiche Praxis für beide Einrichtungen ist und bleiben soll.
Leipzig, den 08. Mai 2000
das Conne Island-Plenum



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last modified: 28.3.2007