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zur Aurelienstraßenräumung

"Gibt es bei uns 'nen Hippi? Nee, nicht das wir wüßten", und ich ernte lediglich verständnislose Blicke auf diese mir inzwischen peinlich gewordene Frage. Nach langem hin und her hatte ich es nun endlich geschafft, Informationen aus erster Hand über das Projekt +Aurelienstraße\'ab zu bekommen, um den Artikel auch mit Fakten schmücken zu können und nicht nur noch die Gerüchteküche beim Kochen zu unterstützen.

Die Aurelienstraße befindet sich in Plagwitz und genau genommen ist auch nur ein Häuserblock für den Artikel von Bedeutung. Dieser befindet sich linker Hand (stadtauswärts) vor einem kleinen Fluß, in der besagten Straße und wurde schon vor einiger Zeit besetzt - bis zum 20.10.94, wo die Räumung erfolgte. Das besagte Projekt unterhielt eine Kneipe, eine Bücherstube und eine Fahrradwerkstatt (an Ideen für "Mehr" und "Besser" mangelte es nicht) und diente logischerweise auch als Wohnhaus.

  • 6.30 Uhr, am 20.10.94 steigt das SEK durch die Dachfenster ein
  • die 14 BesetzerInnen (bzw. BesucherInnen) werden in den großen Café-Raum geführt
  • sie dürfen nicht trinken, Toillettennutzung ist untersagt
  • im Nachbarraum werden sofort Fotos gemacht, Fingerabdrücke genommen und an den jeweiligen Haftbefehl geheftet
  • dann dürfen alle einzeln mit ihrem zugestellten Bullen"papi" ein paar persönliche Sachen holen
  • und ab geht's auf das zuständige Polizeirevier wo eine ED-Behandlung erfolgt
  • die Anklage lautet auf Hausfriedensbruch
  • am Abend sind alle BesetzerInnen freigelassen

Neben der jämmerlichen (und altbekannten) Begründung für die Räumung - sie lautete auf illegalen Gaststättenbetrieb, Gefahr in Verzug (Sanitär, Fluchtwege) - möchte der Eigentümer sein Haus nicht besetzt wissen sw... Übrigens !!! ...die Verwaltung über das Haus hat die Firma Lochner und dieses befindet sich im Besitz der Treuhand. Trotz alledem sind die "BesetzerInnen" nicht resigniert und sie werden kämpfen. Das Wort "Kampf" ist ja nicht unbedingt mit dem Begriff der rohen Gewalt besetzt, auch wenn das die allgemeine Norm zu sein scheint und deshalb lassen wir uns überraschen.

Es wurde bereits ein Antrag auf Anmietung gestellt, was aber keinen Anlaß zu Optimismus bietet, denn einen solchen kann jedeR stellen und eine Treuhand-Vertreterin sagte bereits, daß sie mit solchen Leuten über so etwas garnicht erst verhandelt. Für mich stellte sich immer die Frage, warum solch eine friedliche, lautlose Räumung? Warum wurden die vorhandenen "Connections" zu Connewitz nicht genutzt und wenn der Wille dagewesen war, warum so unscheinbar, daß es keiner registrieren konnte? Warum, andererseits, hielt sich in Connewitz bis zuletzt das arogante Gerücht, daß sich in der Aurelienstraße nur Hippies zu schaffen machen?
Aber wer sich solche Fragen stellt und am Ende noch sagt: selber schuld, der ist Gegewartsblind und lebt in einer undefinierbaren Traumwelt. Es gibt keinen Connewitzer Mythos - gesetzt den Fall es gab schon mal einen, dann ist davon leider nichts mehr übrig. Was wäre passiert wenn das Projekt Aurelienstraße die Gefahr der Räumung so publik wie möglich gemacht hätte, na klar es wären Tausende von SympatisantInnen nach Plagwitz gepilgert, jeden Tag der zwei Wochen, in denen die Ankündigung der Räumung schon vorgelegen hatte. Wer so einen Müll denkt, der hat ganz stark den Sinn zur Realität verloren. Ein Argument würde jetzt natürlich passen, immerhin sind letzte Woche rund 200 Leute gegen die Räumung der +Guten Quelle\'ab auf die Straße gegangen. Stimmt schon, die Demo war seit langem mal wieder das, was ich mir unter Demo vorstelle, sie war laut, gut besucht und hat auf jeden Fall die notwendige Presseaufmerksamkeit gebracht. Meiner Vermutung nach ist das dem örtlichen Standpunkt der +Guten Quelle\'ab zuzuschreiben, mitten im Herzen der "Szene", "auf unserer Insel" und immer bequem zu erreichen. Diese Einstellung ist ganz sicher nicht aus der Luft gegriffen, denn die +Gute Quelle\'ab hat genauso wenig Öffentlichkeitsarbeit wie das Projekt der Aurelienstraße geleistet, zumal beide Projekte ihren Willen zum Widerstand in völlig anderen Bahnen kanalisieren. Ich kann nur sagen: Kopf hoch - es ist für nichts zu spät.
Poldi


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last modified: 28.3.2007