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Aktuelles Heft

INHALT #198

Titelbild
Editorial
• das erste: Still No Peace with Schrebergarten!
La Dispute
Dominic, Oaken Heart
Das Filmriss Filmquiz
4 Promille, Bonecrusher, Lousy, Strongbow
Negative Approach, Punch
electric island: Roaming & Moomin
Living with Lions, Marathonmann
Roter Salon: Der Firmenhymnenhandel
Blu & Exile
Toxpack, Eschenbach, Boykott
Sub.island: Ill K
The Hundred in The Hands
Schlapphut-Knarre-Hakenkreuz
Inbetween: Shackleton
Workshop: We'll never walk alone?
„Hellnights“-Tour
The Excitements
Blitzkreuz-Tour
Veranstaltungsanzeigen
• inside out: „Das kann man doch nicht für bare Münze nehmen“
• inside out: Unterstützung bei sexistischen Erfahrungen im Conne Island
• review-corner buch: About the Hitch
• review-corner buch: Out of Post
• position: „Grauzone“ – Ein Gespräch
• doku: „Landfrieden“ der Bäume
• doku: Never mind the Adorno, here's the Judith Butler
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• das letzte: Das Letzte

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Immer wieder ist es Thema im Conne Island und in der Oi- Szene: Die Grauzone, die eigentlich keine sein sollte und doch immer wieder für ausreichend Gesprächsstoff sorgt. Im Folgenden drucken wir ein Gespräch zwischen zwei Vertretern der Szene aus dem Umfeld des Conne Island.
Eine Fortsetzung ist versprochen. Dort sollen auch Leserstimmen aufgegriffen werden. Entsprechende an unsere Redaktionsadresse (newsflyer@conne-island.de) gesendete Fragen werden wir weiterleiten.



„Grauzone“ – Ein Gespräch

Der Herbst ist da und die Konzertsaison hat wieder begonnen. Soweit und so gut. Die ersten großen Punk- und Oi!-Shows stehen ins Haus und im Unrast-Verlag ist ein Buch erschienen, welches sich mit Hardcore und Punk und den Versuchen der rechten Szene, dieses Feld zu vereinnahmen, genauso befasst, wie mit der Rechtstoffenheit und wenig emanzipatorischen Attitüde mancher Protagonisten – kurz mit der allgegenwärtigen „Grauzone“. Für uns die Gelegenheit, ein Gespräch genau über Probleme dieser Zone und die Haltung von einzelnen Personen aus dem Conne Island zu führen. Bei zwei Kaltgetränken entstand dieses Zwiegespräch.

Avon: Ich glaub, zu Anfang sollten wir uns zunächst einmal klar werden, was dieser Begriff „Grauzone“ eigentlich bedeutet, oder?

Beliar: Klar, die „Grauzone“ an sich wird gewöhnlicherweise auf so ziemlich alle Bands und Musikanten bezogen, denen tatsächliche oder imaginierte Verbindungen zu rechtem oder faschistoidem oder auch sexistischem Gedankengut nachgesagt werden. So richtig virulent wird die ganze Nummer aber erst in den letzten Jahren.

Avon: Aber derartige Dinge (also missverständliche Inhalte, Spiel mit Symbolen) sind doch tatsächlich zu beobachten, so ziemlich seitdem Menschen auf die Idee gekommen sind, Musik bzw. Rock mechanisch zu vervielfältigen, oder? Also so circa seit der Erfindung des Rock'n' Roll.

Beliar: Naja, aber deshalb oder genau deswegen sind derartige Entgleisungen doch nicht wegzuleugnen. Merkwürdige Fotos oder Verbindungen zu einschlägigen Kreisen oder schlimmer noch: das Spiel mit faschistoiden Symboliken und merkwürdigen Texten.

Avon: Klar doch, all das gibt es, aber was mich dabei so völlig ankotzt, ist die Tatsache, dass niemand sich die Mühe macht, mit den betroffenen MusikerInnen oder Labels usw. mal tatsächlich zu sprechen. Einfach mal versucht herauszubekommen, wie die Verhältnisse sich tatsächlich darstellen. Da wird halt viel zu oft irgendwelchen Halbwahrheiten Glauben geschenkt und auf Grund solcher Dinge geurteilt. Da gibt's einfach mal das Label „Grauzone“. Und eins ist auf jeden Fall für mich sicher: Gespräche so richtig Auge in Auge erreichen einfach mehr als sämtliches anonyme Angezicke.

Beliar: Aber trotzdem ist die Ganze Skin-Punk- und Hardcore-Nummer, um`s vorsichtig auszudrücken, nicht ganz schön prollig, also wenig emanzipatorisch?

Avon: Klar, da hast du auf jeden Fall recht, eine gewisse Ablehnung intellektueller Einflüsse ist nicht zu verleugnen. Aber andererseits ist auch immer ein gerüttelt Maß an Provokation und Nihilismus dabei; gleiches gilt im Übrigen auch für die Verwendung von Symbolen. Bedenkenswert in diesem Zusammenhang ist ebenfalls der Unterschied im Umgang mit denselben. Im anglo-amerikanischen Raum sind die Dinge anderweitig mit Bedeutung aufgeladen als im deutschen Raum. Exemplarisch dafür steht da die Verwendung des „Eisernen Kreuzes“. Steht dieses Symbol im Amerikanischen für ein gewisses Maß an Rebellentum und Rock`n`Roll (siehe Motörhead), steht so etwas im deutschen Kontext völlig zu Recht im Generalverdacht, irgendwelche Nazischeiße zu transportieren. Obwohl da genaues Hingucken sich immer lohnt. Zum Beispiel die alte deutsche Punkband OHL. Die spielen schon immer mit missverständlichen Symboliken, waren immer strikte Antikommunisten, aber eben auch immer strikt gegen jede Form von Nazidreck.

Beliar: Wenn ich mir Grauzonenzeugs so anschaue, werd` ich den Verdacht nicht los, dass dort viel zu viel einfach völlig undifferenziert daszwischen gehauen wird und das bei einem Thema, wo genauestes Abwägen und Hinschauen meiner Meinung absolut lebensnotwendig ist. Es wird den Betroffenen keine Änderung zugestanden und diejenigen haben auch nur seltenst die Gelegenheit, sich zu stellen.
Was mich in diesem Zusammenhang ebenfalls nervt, ist diese Art von typisch deutschem Missverständniss, nämlich dass diese Hardcore-, Punk- und Skin-Szenerie quasi per se links ist und damit irgendwie bessere Menschen darstellen. Dem ist natürlich nicht so. Es gibt dort genauso viele Arschlöcher und Spiesßer wie sonst überall. Und die Kapellen spiegeln genau das wieder.

Avon: Für so einen Laden wie das Conne Island ist ein differenzierter Umgang mit solchen Problemen überlebenswichtig, und deshalb machen wir uns wenns sein muss auch bei jeder Kapelle, die hier spielen soll, so einen Kopf und diskutieren zur Not auch mal bis in die Nacht oder wochenlang durch. Manchmal werden die Bands ins Conne Island-Plenum eingeladen und sie können direkt Stellung beziehen. Und dann kommen irgendwelche anonymen Pamphlete absolut nicht gelegen. So etwas wirkt in jedem Fall kontraproduktiv. Zumal sich anonym bleibende Schreiberlinge anmaßen, Leute mit ihrem Namen anzuzinken.

Beliar: Ich verstehe ja eine gewisse Aufgeregtheit und Emotionalität bei diesem Thema, aber wenn Leute beim Flyer verteilen oder danach körperlich angegriffen werden, hört für mich der Spaß definitiv auf, auch wenn die Zettel einen imaginiert „falschen“ Inhalt haben.

Avon: Ein guter Aufhänger eigentlich. Die Flyer waren glaub` ich für ein Konzert von Stomper98. Diese Band steht in den letzten Jahren exemplarisch für den Umgang des Conne Islands mit diesem Themenfeld. Ausgehend von diversen Gerüchten und dem bodenlos frechen Pamphlet einiger anonymer Schreiber enspann sich im Laden eine heftige Diskussion um die Vergangenheit und die Texte der Band, die in Teilen durchaus inquisitorisch ablief. Die Musiker besuchten das alles entscheidende Plenum und stellten sich den aufkommenden Fragen und versuchten Antworten zu geben. Ich mein`, welcher Glatzkopf oder Punker macht sowas?

Beliar: Mmhh, und aus antifaschistischer Sicht kann in strategischer Hinsicht eigentlich nichts Besseres passieren als eine Band, die tatsächlich mal aus Navität oder aus bloßer Affinität zu einem wie auch immer geartetem „Anti-P.C.-Ding“ so ziemlich jeden Fettnapf inklusive verheerender Fotos mitgenommen hat, sich ehrlich eines Besseren besonnen hat und das Ganze auch noch absolut glaubhaft kommunizieren kann.
Und das, obwohl ein Teil der entsprechenden Blogossphäre den Aussagen der Musikanten keinerlei Glauben schenkt. Im Übrigen halte ich dieses anonyme Stammtischgeschwätz im Netz für eines der größten Probleme überhaupt. Da wird unter dem Schutz der Unerkennbarkeit gesülzt und gelogen – wenn das nicht so gefährlich wäre, könnte man glatt lachen.

Avon: Nur weil heutzutage jeder seinen Senf im Netz ablassen darf, sind wir nicht bereit, unser (Anm. der Redaktion: das Konzept des Conne Islands) durchaus erfolgreiches Konzept beim Umgang mit Bands und Individuen umzuwerfen. Das heißt, man muss genau zuhören und immer wieder abwägen und wenn es sein muss, auch Maßnahmen ergreifen. Und es sollte sich auch in jedem Fall jeglicher Form von Eiferei enthalten werden. Und nur wenn wir es schaffen, soweit wie es geht Nazispinner, Sexisten und anderes Gesocks aus der ganzen Szenerie genauso rauszuhalten wie irgendwelche Eiferer und Schmierfinken, wird es einen erfolgreichen Umgang mit Problemen geben. Und dass es in der Hinsicht jede Menge Baustellen gibt, wissen wir. Und wenn es nicht gelingt, wird das alte Bonmot von „Hardcore is more than music“ engültig zum Tattoomotiv.

Was für ein Schlusswort... Prost!

Kay

©pusteblume.fotodesign

 

02.10.2012
Conne Island, Koburger Str. 3, 04277 Leipzig
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