Unterstützung bei sexistischen Erfahrungen im Conne Island
Das Conne Island ist kein von der Gesellschaft abgeschnittener Ort,
sondern ein Projekt, von Menschen betrieben, die in ihr sozialisiert wurden und
in Bezug auf Geschlechterrollen und Sexualität von demselben Ausgangspunkt
wie alle anderen loslaufen. Der Anspruch eines solchen Projektes ist jedoch ein
emanzipatorischer und zielt darauf ab, alte Muster zu hinterfragen, sich von
ihnen zu lösen und einen einschränkungslosen, offenen Umgang zu
entwickeln.
Claire in: Conne Island (Hg): 20 YRS. Noch lange nicht Geschichte.
Verbrecher-Verlag: Berlin 2011.
Das Conne Island besitzt zwar ein politisches Selbstverständnis, das auf
Antifaschismus, Antirassismus, Antisexismus und der Kritik an Antisemitismus
beruht, doch, wie das Zitat zeigt, ist das Conne Island keine Insel der
Glückseligkeit. Auch hier finden sich verschiedene Hierarchien wieder. So
kommt es durchaus vor, dass Leute am Laden aufgrund ihres Alters, ihres
Geschlechts oder ihrer Eingebundenheit unterschiedlich wahrgenommen werden bzw.
eine bestimmte Stellung für sich in Anspruch nehmen. Dies gilt
natürlich auch für die Gäste des Conne Islands. Denn auch sie
legen nicht etwa ihre gesellschaftliche Prägung an der Koburger
Brücke ab. Auch im Conne Island kommt es zu Sexismus, seien es
unerwünschte Berührungen, sexistische Sprüche oder gar
Bedrohungen und sexualisierter Gewalt. Kam es zu einem sexistischen Vorfall,
wurde dieser von den Betroffenen oftmals nicht öffentlich gemacht, weil
sie Angst hatten, nicht ernst genommen zu werden oder nicht zum Hauptthema des
Klatsch und Tratsch auf dem Freisitz werden wollten, weil sie sich selbst
unsicher waren, ob es wirklich so schlimm war oder ähnliches. Wir
mussten leider wiederholt die Erfahrung machen, dass sexistische Vorfälle
aus solchen Gründen im Conne Island nicht oder nur verspätet zur
Sprache gebracht wurden.
Genau das entspricht nicht dem emanzipatorischen Anspruch des Conne Islands.
Auch wenn wir wissen, dass wir sexuelle Belästigungen o.ä. nicht
gänzlich aus dem Conne Island verbannen können, wollen wir doch die
Betroffenen unterstützen. Und so den Tätern (und ggf. auch
Täterinnen) den Raum für ihre Übergriffigkeit im Conne Island
nehmen. Wenn es darüber hinaus gelänge, durch die Thematisierung ein
Bewusstsein für die Problematik zu schaffen, wäre das gut, unser
erster Anspruch ist jedoch in erster Linie die Hilfe für Betroffene zu
organisieren. Daher hat das Plenum eine Unterstützungsgruppe ins Leben
gerufen, die Betroffenen von Sexismus oder sexuellen Übergriffen am Laden
helfend zur Seite steht. In ihr engagieren sich zur Zeit Katha, Sina, Erik und
Tanja.
Unser Anliegen ist es, eine feste Struktur und eine Atmosphäre zu
schaffen, die es zulässt, über die Vorfälle zu sprechen. Wir
sind für Betroffene ansprechbar, wir hören zu und zeigen
Möglichkeiten des Umgangs auf. Im Mittelpunkt unseres Handelns stehen die
Interessen der Betroffenen. Wir verstehen uns als eine Anlaufstelle, die
aufgesucht werden kann, ohne dass damit schon weitere Konsequenzen fest stehen
müssen. Wir handeln in Absprache (und entsprechend der Wünsche) der
Betroffenen. Das heißt: Wir machen nichts öffentlich, was nicht
öffentlich gemacht werden soll. Allerdings bieten wir uns als Sprachrohr
an, das auf Wunsch ins Plenum hineinwirken kann, um die Vorkommnisse zu
thematisieren und gleichzeitig die Anonymität der Betroffenen zu wahren.
Wer nicht möchte, muss auch nicht die Angreifenden benennen. Ihr
könnt euch gerne an uns wenden, wenn ihr einfach nur von einem
Erlebnis erzählen wollt und selbst gar nicht genau wisst, ob ihr wollt,
dass irgendetwas daraus folgt.
Was uns besonders wichtig ist, ist Parteilichkeit. Wir sind uns darüber
einig, dass sexistische Erfahrungen oder Grenzüberschreitungen sensible,
persönliche und teilweise traumatisierende Erfahrungen sind, die sich
Menschen nicht zum Spaß ausdenken. Das bedeutet konkret, wer sich
an uns wendet, muss nicht befürchten, nach Beweisen gefragt zu werden. Die
Reaktion Das kann ich mir gar nicht vorstellen. So schlimm war das doch
gar nicht werdet ihr von uns nicht hören. Außerdem versprechen wir
euch Verschwiegenheit. Ohne Absprache mit euch werden wir außerhalb der
Unterstützungsgruppe nicht über euch und die Vorfälle reden.
Auch nicht mit unseren besten Freund_innen oder anderen aus dem Conne Island.
Wenn ihr im Conne Island Sexismus erlebt habt oder von sexuellen
Übergriffen betroffen seid, könnt ihr euch an uns wenden.
Kontakt: unterstuetzung@conne-island.de
Wenn ihr aus welchen Gründen auch immer nur mit bestimmten
Person aus der Gruppe Kontakt aufnehmen möchtet, könnt ihr uns das
schreiben und erhaltet dann persönliche Antwort.
Unterstützungsgruppe Karo & Tanja