• Titelbild
• Editorial
• das erste: Fußball statt Deutschland
• inside out: Der heutige Alltag
• doku: Offener Brief gegen Denunziation
• doku: Israelsolidarität oder Pro Israel?
• leserInnenbrief: LeserInnenbriefe
• sport: Distillery Games
• (Veranstaltungs-)Anzeigen
• neues vom: Neues
vom Stadtteilmanagement
Revierleiter fordert zur Denunziation der Alternativen Szene in
Connewitz auf
Bürgerinnen und Bürger sollen ihre Erfahrungen der
Polizei melden
Scharfer Protest der Connewitzer Kulturprojekte, Gewerbetreibenden
und BewohnerInnen
Ganz offensichtlich überschreitet die Polizeidirektion Leipzig in Persona
des Revierleiters Südwest Herrn Gurke derzeit ihre Kompetenzen. In einem
öffentlichen Schreiben des CDU-Ortsverbandes rund um Stadtrat Karsten
Albrecht wird von einem Treffen mit dem Leiter der Polizeidirektion
Südwest, Herrn Gurke, berichtet. Dort steht wortwörtlich, dass
Herr Gurke darum gebeten (hat), Erfahrungsberichte der Anwohner mit der
links-alternativen Szene zu erhalten. Stadtrat Albrecht bot sich darüber
hinaus an, die Berichte zu sammeln und an Herrn Gurke weiterzugeben.
Wir sind entsetzt. Nicht so sehr über das parteipolitische Gebaren von
Karsten Albrecht. Dass sich die CDU-Fraktion ordnungspolitisch profilieren
will, ist nicht neu. Vielmehr über die Kompetenzüberschreitung von
Revierleiter Gurke, der ganz in Stasi-Manier vollkommen willkürlich
Erkenntnisse über Connewitzer BewohnerInnen und Bewohner sammeln
will und dabei den Kernbereich der Polizei die Aufklärung und
Verhinderung von Straftaten definitiv überschreitet.
Dass sich die Polizeidirektion Leipzig in die politische Bewertung von
gesellschaftlichen Konflikten aktiv und parteiisch einmischt, wurde zuletzt in
den Diskussionen um die Drogenpräventionsarbeit der Stadt Leipzig
deutlich. Revierleiter Gurkes Aufruf, die Connewitzer Szene was immer er
darunter auch versteht einem Klima der Verdächtigung auszusetzen
und zu bespitzeln, geht jedoch weit über den politischen Streit kommunaler
Akteure hinaus ist zu Ende gedacht nichts weiter als ein Ausdruck einer
Überwachungsgesellschaft, wie wir sie aus DDR-Zeiten kennen.
Wir fragen uns, wer in das Raster der linksalternativen Szene
fällt? Wie sollen diese Berichte aussehen und vor allem, was passiert mit
ihnen? Welchen weiteren Institutionen werden die Berichte zur Verfügung
gestellt? Wie kann man informeller Mitarbeiter von Herrn Gurke werden?
Warum die Polizeidirektion zu dermaßen staatsautoritären und
repressiven Mitteln greift, die allen demokratischen Umgangsformen
zuwiderlaufen, erschließt sich uns nicht.
Seit Monaten sind Kulturzentren, zivilgesellschaftliche Initiativen und
Einzelpersonen sowie politische VertreterInnen der Stadt sowie der Verwaltung
bemüht, die derzeit akuten Probleme um Stadtentwicklung und
Verdrängung im Leipziger Süden und Westen in einer breiten
Debattenkultur in die richtigen Bahnen zu lenken. Im Werk 2, dem UT Connewitz
und dem Conne Island fanden dazu mehrere Diskussionsveranstaltungen mit
BewohnerInnen, WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen statt. Der aktuelle
konstruktive Dialog ist unübersehbar.
Mit dem Aufruf zur sozialen Kontrolle und Überwachung von BewohnerInnen
durch BewohnerInnen diskreditiert die Polizeidirektion auch all diese
Bemühungen. Sie hat damit in vielen Augen das Feld von demokratischer
Streit- und Debattenkultur verlassen. Vereine und Einzelpersonen, die seit mehr
als 20 Jahren das kulturelle, politische und alltägliche Leben in
Connewitz fördern, sehen das Vertrauensverhältnis massiv in Gefahr,
teilweise bereits zerstört.
Wir haben keine Lust auf diese Formen von bürgerschaftlichem
Engagement und fordern Revierleiter Gurke hiermit auf, seine fragwürdigen
Aussagen schnellstens zu revidieren und sich bei der Connewitzer Szene
öffentlich zu entschuldigen. Wer in Stasi-Manier über die
Mitbewohner[[opthyphen]]Innen seines Viertels berichtet haben will, steht im
eklatanten Widerspruch zum Anspruch der Stadt Leipzig, eine
zivilgesellschaftlich engagierte und weltoffene Stadt zu sein.
Conne Island, Mai 2012