• Titelbild
• Editorial
• das erste: Fußball statt Deutschland
• inside out: Der heutige Alltag
• doku: Offener Brief gegen Denunziation
• doku: Israelsolidarität oder Pro Israel?
• leserInnenbrief: LeserInnenbriefe
• sport: Distillery Games
• (Veranstaltungs-)Anzeigen
• neues vom: Neues
vom Stadtteilmanagement
Die Fußballeuropameisterschaft der Männer steht an und Deutschland
spielt bekanntermaßen mit. Es ist also zu erwarten, dass das ganze Land
erneut in einen Taumel schwarz-rot-goldener Entzückung gerät,
inklusive des vermeintlich aufgeklärten Feiernationalismus.
Für uns ist und bleibt es so: Auch vermeintlich aufgeklärter
Nationalismus ist und bleibt Nationalismus und Fußball hat eben doch
etwas mit Politik zu tun. Deutschland hat heute einen relativ
unbefangenen Umgang mit seiner Identität, was während der jeweils
letzten Welt- oder Europameisterschaft der Männer am inflationären
Herumfahnen` offensichtlich wurde. Deutschland möchte sich nicht
mehr auf seine dunkle Geschichte` reduzieren lassen, sondern definiert
sich als selbstkritisch und tolerant. Wurden noch in den 1960er Jahren der 2.
Weltkrieg und der Holocaust weitestgehend verdrängt, werden heute die
Verbrechen Nazideutschlands anerkannt. Der Nationalsozialismus gilt in
Deutschland nicht als ein Resultat aus einem völkischen Nationalismus,
sondern wird als geschichtlicher Irrweg begriffen, deren ProtagonistInnen
einzig die nationalsozialistischen Eliten` gewesen sein sollen. Das
Kriegsende 1945 gilt damit auch nicht mehr als militärische Niederlage,
sondern als Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus` (Richard von
Weizsäcker, 8. Mai 1985). Nationalismus bleibt aber weiterhin eine
Ausschlusskategorie und verschwiegen wird, dass es immer noch Rassismus und
Antisemitismus in allen Schichten der Gesellschaft gibt und gerade in
Ostdeutschland Nazis ihre Kleinstadt gegen die vermeintlich Anderen
verteidigen`. (CEE IEH #177 das erste: Deutschland-Fans auf die
Partymeilen!) Daran hat sich für uns nichts geändert.
Ganz unter sich...
...möchte niemand bleiben. Viele von uns wollen die Spiele der EM sehen
und das im besten Fall auf einer großen Leinwand und in angenehmer
Gesellschaft. Das geht, wenn wir nicht irren, am besten auf dem Freisitz des
Conne Island, wo wir in diesem Jahr alle Spiele der EM zeigen wollen. Dabei ist
es den Fußballfans unter uns wichtig, qualitativ guten Fußball zu
sehen und nicht irgendeine deutschnationale Identität zu feiern. Das
Qualitätsprinzip gilt im Conne Island seit seinem Bestehen, denn auch bei
der Auswahl von Bands wird auf Qualität und nicht auf Nationalität
geachtet. Es geht somit darum, eine Atmosphäre vorzufinden und zu
gestalten, die sich mit dem Selbstverständnis des Conne Islands deckt:
ohne Vaterlandsliebe, ohne Fußball als Identifikationsmoment mit
Deutschland. Diejenigen, die meinen, sie wären HipHop, obwohl sie ihr
Basecap mit Deutschland statt Eastcoast tragen, sie wären
Skin im Retro-Deutschland-Trikot oder Punker mit schwarz-rot-goldenem Iro,
können einfach zu Hause bleiben oder sich zur fahnenschwenkenden
Feiergemeinschaft in die Leipziger Innenstadt begeben (vgl. auch CEE IEH #177).
Aus diesen Gründen wird es auch für den Freisitz eine Art Einlass
geben. Deutschlanddevotionalien können dann entweder abgedeckt,
weggeworfen oder nach Hause gebracht werden auf den Hof kommt Ihr damit
aber nicht!
Unsere Gäste zur EM-Fußball-Übertragung sollen einen Ort
vorfinden, der es ermöglicht, ohne die offensichtlichsten Teile der
gesellschaftlich miserablen Zustände in Deutschland auszukommen. Im
Selbstverständnis des Conne Island (EM-Übertragung) ist es ein fester
Bestandteil, den Diskriminierungsformen Sexismus, Homophobie, Rassismus und
Antisemitismus keinen Raum zu bieten und bei eventuellen Vorfällen
Konsequenzen zu ziehen. Wir wollen gern mit denjenigen Fußball schauen,
die das genauso sehen wir. Auf welches Team ihr dabei haltet ist uns egal, eine
aggressive oder deutschnationale Stimmung werden wir jedoch nicht hinnehmen.
Conne Island-Plenum (Juni 2012)