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The Empire Strikes Back

Jugendseminar zu Antiimperialismus von rechts und links 01. – 03. Februar 2008 im B12 (Braustr. 20) in Leipzig

WIE ALLES BEGANN...

Freiheitskampf war früher mal richtig einfach. Nachdem aber die Deutschen als militärischer Gegner ausgeschaltet waren, wurde alles unglaublich kompliziert. Während des kalten Krieges boten sich zwar Idole wie der beste T-Shirt-Verkäufer aller Zeiten – Che Guevara – an, allerdings hatten jene Sozialisten neben ihren Ambitionen für Frauenrechte und Alphabetisierung auch ein Faible für Massenerschießungen und Arbeitslager. Von Ersterem ist bei derzeitigen Volkbefreiern nichts geblieben und trotzdem schlagen sich viele jener Linken, die vor fast 50 Jahren die nationale Befreiung Kubas begrüßten, auf die Seite derer, die heute den mittleren Osten von Juden befreien wollen. Als Einführung soll in diesem Vortrag die Solidarität der Antiimperialisten geschichtlich aufgerollt werden, um einen Ausblick auf die Schwerpunkte des Wochenendes zu geben.

DER BEGRIFF DES ANTIIMPERIALISMUS

„Freiheit der Völker!“ Das bedeutet: Die Ablehnung von Fremdherrschaft, also völkische Selbstbestimmung, also Nationalsozialismus. Da Nationalsozialismus aber scheiße klingt und man ein guter Mensch sein will, läuft man heute unter der Flagge des Antiimperialismus. Lenin, der den Begriff aufgriff, waren Völker noch absolut egal. Trotzki betrachtete später nationale Befreiung als Hebel der sozialistischen Revolution. Zur Zeit des Antikolonialismus schließlich wurde nationale Befreiung selbst als Ziel propagiert: Der linke Antiimperialismus als Bewegung war geboren.

HASTA LA VICTORIA SIEMPRE?

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren sie DER Anknüpfungspunkt für Linke: Sozialrevolutionäre Bewegungen in Südamerika und Asien. Es gab unzählige Solidaritätsbekundungen in Form von Demonstrationen bis hin zu bewaffneten Aktionen, die den Guerillakampf auch in deutsche Großstädte tragen sollten. Im Vortrag sollen einige dieser Bewegungen grob umrissen, ihre Ziele erläutert und die Mittel zur Durchsetzung analysiert werden. Anhand von Beispielen soll auf die Transformationen dieser „Projekte“ eingegangen werden, welche alle mit dem Anspruch auftraten, die Welt von Ausbeutung und Unterdrückung befreien zu wollen. An welchen Punkten muss man die einzelnen, oft miteinander verknüpften Gesellschaftsentwürfe dieser Bewegungen differenzieren? Gibt es für eine Gesellschaftskritik mit humanistischem Antlitz heute noch Anknüpfungspunkte oder anders gefragt, gab es sie je?

DIE GESCHICHTE DES JIHADISMUS

Die „Revolution“ im Iran im Jahre 1979, also der Sturz der pro-westlichen Diktatur des Shahs, ließ scheinbar den Traum aller AntiimperialistInnen wahr werden: Das „Volk“ hatte sich befreit, die durch eine „verwestlichte“ Elite vermittelte „Fremdherrschaft“ abgeschüttelt und war „frei und unabhängig“ geworden. Dass dieser Traum sich schon bald zum Alptraum der islamischen Diktatur entwickelte, dem nicht zuletzt alle linken Kräfte zum Opfer fielen, hätte den internationalistisch gesinnten Metropolenlinken eine Lehre sein können, doch stattdessen werden islamistische Bewegungen im besten Falle verharmlost, oft aber auch mit offener Sympathie und Unterstützung bedacht. Ein kritischer Blick auf die Geschichte, Ideologie und Ziele des modernen Jihads ist also dringend angebracht.

„MEIN KAMPF“ IM NAHEN OSTEN

Antizionismus war seit Jahrzehnten fester ideologischer Bestandteil der (europäischen) Linken und ist es zum großen Teil auch jetzt noch. Den meist offen antisemitischen Kämpfern gegen den ausgemachten „imperialistischen Feind“ im Nahen Osten galt volle Solidarität. Die antideutsche Kritik an diesem Zustand und die solidarische Haltung gegenüber dem jüdischen Staat Israel ist auch heute noch für viele Anti-Imps eine Kriegserklärung. Dass es sich hierbei alleinig um eine Spaltung der Linken handelt, ist nur bedingt richtig, da Gruppierungen aller politischen Lager antizionistische Positionen vertreten. Das letzte Referat des Seminars behandelt, wie die Funktionen des Antizionismus als Bindeglied zwischen links und rechts, ebenso wie seine Beziehungen zum Antisemitismus erklärbar sind.

ABSCHLUSSDISKUSSION

Da die Diskussionszeit nach Referaten leider oft begrenzt ist, sollen in diesem Abschlusstreffen gemeinsam noch einmal alle Punkte angesprochen werden, die möglicherweise einer ausführlicheren Auseinandersetzung bedürfen. Abgesehen von einer Moderation liegt die thematische Ausgestaltung also hauptsächlich in den Händen der Teilnehmenden.
Bei der gesellschaftskritischen und radikalen Auseinandersetzung mit Themen wie Kapitalismus, Globalisierung, Antiimperialismus, Antiamerikanismus, Antizionismus oder den damit verbundenen Konflikten, ist seit längerem ein für viele zunächst verwirrendes Phänomen zu beobachten: Die inhaltliche Überschneidung von linken und rechten Positionen. Allen geht es um die Zerstörung des kapitalistischen Systems („Smash Capitalism!“), um den Erhalt der Kulturen, um die Befreiung der Völker von ihren angeblich raffgierigen Unterdrückern („Freiheit für Palästina!“), um die Schaffung von souveränen Nationen („Irak den Irakern – Gegen die Besatzung!“), um die Völkerrechtswidrigkeit von maßlosen Kriegen („Deutschland raus aus Afghanistan!“) etc. Doch von welchem politischen Lager stammt welche Aussage? Was für ein Weltbild steht hinter diesen Positionierungen und welche Konsequenzen kann das nach sich ziehen?

Auf der parteipolitischen Ebene in Deutschland bspw. stehen sich die beiden entgegengesetzten Pole bei näherem Hinschauen durchaus näher als vermutet: Die NPD stellte jüngst durch ihren Generalsekretär Peter Marx fest, dass die neu gegründete Linkspartei, bzw. ihr Vorsitzender Oskar Lafontaine, „außenpolitisch lupenreine NPD-Positionen“ vertrete. Daher, so die NPD, solle wieder eine Querfront geschaffen werden, welche Kommunisten und Nazis zum Sturz der Demokratie miteinander vereinen soll, so wie es einst in der Weimarer Republik geschah. Dass diese alarmierenden Tendenzen auch auf der außerparlamentarischen Ebene zur links-rechts-übergreifende Sache werden, lässt sich an einigen Beispielen festmachen: Das gemeinsame zur Schau stellen von Symboliken und Klamotten in der Öffentlichkeit (Buttons wie „G8 versenken!“ oder Palitücher), das Ausrufen von ähnlichen Parolen auf Demos („USA: Internationale Völkermordzentrale!“, „Israel muss weg!“), die Übernahme von militanten Aktionsformen seitens kameradschaftlicher Nazis („Black Block“) oder durch inhaltliche Überschneidungen in politischen wie auch theoretischen Positionierungen. Zwar klafft bspw. in multikulturellen Fragen, dem Asylrecht o.ä. noch eine tiefe Kluft zwischen links und rechts, doch zeigt sich immer mehr, dass ein Welterklärungsmuster und eine globale Feindbestimmung von Vertretern beider Seiten getragen wird: der Antiimperialismus.

Es kommt also nicht von ungefähr, dass sich diese alarmierenden Tendenzen einer Annäherung politischer Lager nach dem 11. September 2001, im Zusammenhang mit den weltweiten Protesten gegen den Irakkrieg und dem andauernden Nahostkonflikt, enorm verstärkt haben. Von Seiten der Linken wird diese Annäherung gerne als Rattenfängerei von rechts oder als politisches Konzept der Verwirrung beschrieben: Nazis würden linke Symbole und Positionen „missbrauchen“. Das Bestehen darauf, dass diese Positionen links sind, ist einfach zu verstehen: Wer möchte schon die gleichen Slogans wie Nazis haben? Das Problem dabei ist nur, dass viele Linke blind dafür werden, dass auch im eigenen politischen Lager reaktionäre Positionen vertreten werden. Positionen also, welche die Nazis nicht miss- sondern gebrauchen. Die Ignoranz gegenüber dieser offenen Flanke missachtet, dass mittlerweile auch Aktionsformen autonomer, antiimperialistischer Antifas teilweise nicht mehr von denen der Nazis zu unterscheiden sind: Ein israelsolidarischer Vortrag wurde bspw. am 27.06.07 in Magdeburg nicht von Nazis, sondern von Autonomen mit Pfefferspray und Steinen angegriffen und auch die Übergriffe auf Träger der Israelfahne am Rand von Demonstrationen gehen bis hin zu Messerangriffen. Dass eine rein inhaltliche, innerlinke Auseinandersetzung mit massiver Gewalt beantwortet wird und dass israelsolidarische Linke mittlerweile autonome Antiimperialisten genauso fürchten müssen wie militante Nazis, ist ein alarmierender Zustand und kann nicht hingenommen werden.

Genau aus diesem Grunde ist eine fundierte Auseinandersetzung über die gemeinsamen Inhalte von Nazis und Linken notwendiger denn je. Jihadismus und Islamismus sind zu den drängenden Problemen unserer Zeit geworden, die gänzlich die Ideale der längst vergangenen Linken in ihr Gegenteil verkehren: Das uneingeschränkte Einsetzen für den „Verein freier Menschen“ (Marx), für die Freiheit von Unterdrückung und Zwang, für eine staaten- und klassenlose Gesellschaft – all das ist einer Faszination für die „unterdrückten und staatenlosen Völker“ gewichen. Einer Faszination, die den terroristischen Widerstand um jeden Preis bevorzugt und dabei mehr oder weniger offen über Menschenrechtsverletzungen und den mörderischen Antisemitismus islamistischer „Widerstandskämpfer“ hinwegsieht. Dabei entstehen dann groteske Situationen: Wenn sich bspw. der venezuelanische, sozialistische Präsident mit dem iranischen Präsidenten treffen kann, ohne auch nur die Fragen aufzuwerfen, warum denn Frauen im Iran so grausam unterdrückt und Homosexuelle öffentlich gehängt werden oder wie es denn mit demokratischen Grundfreiheiten aussieht (ganz abgesehen von der Vernichtungsdrohung gegen Israel), dann muss eine Auseinandersetzung geführt werden, die längst überfällig ist.

Dieses Seminar soll die Möglichkeit bieten, mit jeweils einem Vortrag und einer anschließenden Diskussionsrunde sich über die folgenden Themenkomplexe genauer auseinanderzusetzen: Was ist Antiimperialismus? Wie ist dieser geschichtlich entstanden und was hat W. I. Lenin, der diesen Begriff maßgeblich prägte, dazu geschrieben? Wie sind die damaligen Protagonisten der sozialrevolutionären Befreiungsbewegungen in Südamerika (Che Guevara, Fidel Castro etc.) zu bewerten und was hat sich seitdem am antiimperialistischen Befreiungskampf geändert? Wie steht es heute um die Nachfolger dieser Bewegungen (FARC, EZLN etc.) und gibt es in einigen Ländern unterstützenswerte Gruppierungen? Was ist Antizionismus? Was hat es mit dem selbstmörderischen Märtyrerkults der Jihadisten und Islamisten auf sich, die sich unter Aufopferung ihres eigenen Lebens in mitten von Juden, Ungläubigen und Angehörigen der westlich-demokratischen Gesellschaften in die Luft sprengen um so viele wie möglich Menschen mit in den Tod zu reißen? Und warum erfahren sie von westlichen Linken so große Unterstützung?

Wegen all der Aktualität dieser problematischen Fragen, laden wir euch recht herzlich zu diesem Seminarwochenende ein. Es wird Verpflegung für alle geben sowie Unterkunft für Leute, die nicht aus Leipzig sind.



Veranstaltet von Tomorrow und Conne Island
Mit Unterstützung der Aktion Mensch im Rahmen von dieGesellschafter.de

Anmeldung und Fragen bitte per E-Mail mit Betreff „Seminar Antiimperialismus“ an: info@conne-island.de

Pro Teilnehmer wird ein Unkostenbeitrag von 5 Euro veranschlagt, der die Verpflegungs- und Unterkunftskosten decken soll.

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last modified: 22.1.2008