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Deutscht uns nicht voll! – Stay Punk.


Erklärung des Conne Island zur Absage des Konzert mit Rubberslime

      „Diese ewige, wirklich abgedroschene Bezugsetzung zum Faschismus in Deutschland im Falle des US-Imperialismus und dem Angriff auf den Irak, nur weil es so griffig ist und sich hart anhört, gefällt mir nicht, sie ist in Ihrer Einfallslosigkeit politisch schlicht falsch ... Vielleicht hätte Elf das Alles lieber mit einer gänzlich neuen Band und einem Namen, der nicht im direkten Bezug zu SLIME steht, verfolgen sollen.“
      (Stephan Mahler, Ex-Drummer der Band SLIME)
Gerade ist es in Europa und besonders in Deutschland angesagt, die USA oder deren Regierung zum absoluten Feind der Menschheit zu erklären. Die gesamte deutsche Presse – ob sogenannte Staatspresse wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder sogenannte unabhängige Medien wie Indymedia – haben die Reihen dicht geschlossen, indem für die Menschlichkeit und gegen die USA Bericht erstattet wird. Auf den Friedensdemos versammelten sich Beamte, Studenten, linksradikale Antiimperialisten, Neo-Nazis, PDS-Opas, Gewerkschaftler, Unternehmer und Regierungsvertreter. Ob Hip Hop, Hardcore, Reggae, Punk oder sonst was – bei Konzerten, die wir im Conne Island veranstalten, ist es seit über einem Jahr allgemein üblich, „Fuck Bush“ von der Bühne zu schreien.
Hat man vor und während dem 3. Golfkrieg die allgemeine Friedenssehnsucht bloßgestellt, indem man aufgezeigt hat, dass im Irak seit Jahrzehnten kein Frieden herrscht, weil Saddam Hussein in „seinem“ Land die Oppositionellen permanent niedergemetzelt hat, so zog man den Unmut seiner Umgebung auf sich, die so was nicht hören wollte. Schließlich lebt es sich besser mit einem Feindbild Amerika. Man findet seine Ruhe mit sich selbst und seiner Umgebung. Man schließt seinen Frieden mit der Gesellschaft. Das, was das eigene Leben so unerträglich macht und die gegenwärtige Gesellschaft in Frage stellt, wird einfach den USA angelastet.
Punk hat sich für uns immer dadurch ausgezeichnet, dass es die Wirklichkeit nicht verklärt, sondern gnadenlos dargestellt hat. Punk hat immer gezeigt, dass das Leben in einer Gesellschaft, die einen dazu verurteilt, sein ganzes Leben lang Vorgesetzten zu gehorchen, an ekligen Orten zu schuften, den Umständen gemäß ordentlich zu sein und sich je nach Umgebung anzupassen, beschissen ist. Gegen die verkappte Gewalt der Gesellschaft, die einem entweder tagtäglich mit dem Klingeln des Weckers oder in der Form eines leeren Kühlschranks begrüßt, hat Punk die offene Provokation mit Gewalt gesetzt. Ob in Gestalt der zur Schau getragenen Selbstzerstörung oder in Form der Chaostage. Punk war immer Bürgerschreck, indem er die alltägliche Gewalt und das Elend des Lebens offen zur Schau trug. Obwohl Punk sich niemals tiefgreifende theoretische Gedanken gemacht hat, war er als Bürgerschreck immer davor geschützt, zum Bestandteil des deutschen Gemeinschaftsmobs zu werden.
Doch der neuaufgelegte und neugetextete Song „Yankees Raus“ von Rubberslime (EX-SLIME) ist eine Grußbotschaft an das deutsche Volk und hat mit Bürgerschreck nichts mehr zu tun. Ganz im Gegenteil: Dieses Lied spricht den Deutschen aus der Seele. In dem Lied, welches von Elf umgedichtet wurde, wird die USA mit „SA-SS“ verglichen. Das wollten die Deutschen schon immer; dass ihre Nazi-Vergangenheit gar nicht so einzigartig ist, sondern ähnliche Verbrechen gar von denen begangen werden, die vormals die faschistische deutsche Volksgemeinschaft niedergerungen haben. Dass jene, die die Kriege der USA mit den Verbrechen der Nazis vergleichen, rein gar nichts vom deutschen Faschismus begriffen haben, ist die traurige Wahrheit. Schon im Lied „Deutschland muß sterben“ – so sympathisch der Titel und der Refrain auch ist – ging es hauptsächlich gegen „Bonzen“ und „Multis“, anstatt gegen Antisemiten, Rassisten und die Feinde von Sozialschmarotzern. Dass es in Deutschland „Multis“ und „Bonzen“ gab und gibt, unterscheidet Deutschland nicht von anderen Ländern. Dass die Deutschen Auschwitz verbrochen haben, unterscheidet sie sehr wohl von anderen Nationen. Und Auschwitz war kein Projekt von deutschen Bonzen, die die Arbeit anderer für ihren Profit ausbeuten wollten, sondern ein Vernichtungslager, in dem die Deutschen jene Menschen vernichten wollten, von denen sie in ihrem antisemitischen Wahn glaubten, ausgebeutet und in ihrer völkischen Existenz bedroht zu werden. Auschwitz war eine Fabrik zur Vernichtung von Menschen. Einen anderen Zweck hatte Auschwitz höchstens beiläufig. Das unterscheidet es grundsätzlich von imperialistischen oder anderen Kriegen, deren Zweck nicht darin besteht, Menschen zu töten, sondern wirtschaftliche Profite zu machen oder für Ruhe und Ordnung im Sinne des Profits zu sorgen.
Wer die heutigen Geschehnisse im Irak mit den Verbrechen der Deutschen an den Juden, Sinti und Roma und anderen vergleicht, hat auf der Bühne im Conne Island nichts verloren. Das könnt ihr als Zensur bezeichnen, für uns ist das die Möglichkeit, uns inhaltlich zu positionieren. Uns vorzuwerfen, dadurch Zensur zu betreiben, fänden wir o.k., würde dieser Vorwurf beispielsweise auch jene Punks treffen, die auf ihrer Lederjacke nicht alle Punkbands bewerben, sondern nur ein paar. Was den Punks ihre Lederjacke, ist uns unsere Bühne. Darauf lassen wir jene Bands, die uns in den Kram passen. Bei Rubberslime fällt es uns schwer, sie nicht zu machen, schließlich ist diese Band das Nachfolgeprojekt der wichtigsten deutschen Punkband, die es gegeben hat. Etwas leichter fällt es uns nun wiederum, nachdem uns eine Äußerung von einem ehemaligen SLIME-Mitglied untergekommen ist, die darauf hinweist, dass die neue Version des Songs „Yankees Raus“ nicht im Interesse aller Bandmitglieder ist.
Punk sollte sich nicht durch Überspitzung von gängigen deutschen Einstellungen der Öffentlichkeit andienen, sondern provozieren. Wenn man merkt, dass man mit den eigenen Aussagen in die deutsche Öffentlichkeit eingemeindet wird, sollte man schnell die Notbremse ziehen und wieder über’s hemmungslose Saufen, das Recht auf Arbeitslosigkeit und den Scheißstaat singen.

BetreiberInnen-Crew des Conne Island

Zum Thema siehe auch zwei weitere Conne-Island-Erklärungen zum Thema:
# No Volksmusik. No Antiamerikanismus
# Endlich nicht mehr fremd im eigenen Land




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last modified: 28.3.2007